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Planungstools für den Sommerfall im Nichtwohngebäude

Einführung

Bei der Planung von Nichtwohngebäuden spielt deren Sommerverhalten oft eine besondere Rolle, denn die für den Sommer relevanten Randbedingungen können sich von denen in Wohngebäuden bedeutend unterscheiden: Interne Wärmelasten fallen zuweilen zeitlich konzentriert an, beispielsweise in Unterrichts- oder Tagungsräumen. Bedingt durch dichtere Belegung und höhere Technisierung sind die internen Lasten mitunter bedeutend höher als in Wohngebäuden. Hinzu kommt die Tendenz zu großen Glasflächen, die zur Tageslichtversorgung, aber auch aus ästhetischen Gründen erwünscht sein können. Diese haben entsprechend höhere solare Lasten zur Folge. Unter Umständen kann es in Nichtwohngebäuden auch eine Kleiderordnung geben, die bereits bei mäßig hohen Temperaturen zum Überschreiten der Komfortgrenze führt.

Fragen wie die, ob der sommerliche Komfort auch ohne aktive Kühlung ausreicht, wie hoch der Energiebedarf für die Raumkühlung sein wird, und welche Leistung ein Kühlsystem bereitstellen muss, stellen sich bei der Planung von Nichtwohngebäuden daher in besonderem Maße. Zur Beurteilung der sommerlichen Verhältnisse ist es im Prinzip immer möglich, eine dynamische thermische Gebäudesimulation durchzuführen. Diese kann, bei entsprechend sorgfältiger Datenerfassung und Verwendung geeigneter Modelle, die thermischen Verhältnisse im Gebäude mit hoher Genauigkeit vorhersagen. Nicht alle Gebäudesimulationsprogramme bilden allerdings die relevanten Wärmetransportvorgänge ausreichend genau ab, die durchgeführten Berechnungen sind gewöhnlich kaum nachprüfbar, und der Aufwand für eine qualifizierte, aussagekräftige Simulation ist hoch. So ist es beispielsweise für Ergebnisse, die den Aufwand einer Simulation rechtfertigen, im Allgemeinen erforderlich, neben der eigentlich interessierenden thermischen Zone auch deren Nachbarzonen einzubeziehen (vgl. auch Abschnitt Übertemperaturhäufigkeit, Teil „Anwendung auf kritische Räume“).

Der folgende Beitrag befasst sich daher mit der Gültigkeit vereinfachter Algorithmen, wie sie derzeit bereits im Passivhaus Projektierungs Paket [PHPP] implementiert sind, für Nichtwohngebäude. Dass solche vereinfachten Verfahren Grenzen haben müssen, ist klar; für die Anwendung ist wichtig zu wissen, wo diese Grenzen liegen. Der Schwerpunkt des Beitrags liegt auf Büro- bzw. Seminarnutzungen, weil einerseits dieser Nutzungstyp recht häufig ist und andererseits hier die o.g. Unterschiede zu Wohngebäuden bereits relativ markant sind.

Der Beitrag betrachtet zunächst den Fall der aktiven Kühlung. Von Interesse sind hier die Berechnung des jährlichen Nutzenergiebedarfs für die Raumkühlung, nachfolgend kurz Nutzkälte genannt, sowie der Kühllast. In einem zweiten Teil wird die Berechnung der Übertemperaturhäufigkeit, d.h. der jährlichen Anzahl Stunden über 25 °C Raumtemperatur in passiv gekühlten Gebäuden, für Nichtwohngebäude näher untersucht.

Die Prüfung der vereinfachten Algorithmen im PHPP erfolgt anhand von Simulationen mit dem dynamischen thermischen Gebäudesimulationsprogramm DYNBIL, das für Wohn- und Büronutzungen anhand von Messungen in genutzten Gebäuden validiert wurde. Die Programmalgorithmen von DYNBIL sind so nah an den physikalischen Prinzipien, dass wir die Ergebnisse auch für andere Nutzungen als valide betrachten. Der untersuchte Raum (Simulationsmodell) kann in der Mitte einer Gebäudeseite oder auf der Ecke liegen, dementsprechend besitzt er einseitig oder zweiseitig Fenster, und zwar entweder mit einem mäßigen Fensterflächenteil von 40 % der jeweiligen Fassade oder als Vollverglasung. Auch verschiedene Dämmstandards können betrachtet werden, als Passivhaus oder orientiert an aktuellen Neubauten nach EnEV. Wichtig: Um auch hohe solare Lasten abbilden zu können, besitzen die Fenster in den nachfolgend untersuchten Fällen keine Außenverschattung. Um auch das Verhalten von Gebäuden mit einer wirksamen außenliegenden Verschattung, z.B. einem Lamellenstore vor einer Dreifach-Wärmeschutzverglasung, abbilden zu können, wird teilweise eine Variante ohne Fenster betrachtet.

Weiterführende Abschnitte für Mitglieder der IG Passivhaus

Fazit

Das Sommerverhalten von Nichtwohngebäuden kann man in vielen Fällen mit vereinfachten Verfahren, wie sie z.B. im PHPP implementiert sind, noch zuverlässig planen.

Als besonders robust hat sich die Berechnung des Nutzkältebedarfs mit dem Monatsverfahren erwiesen. Nur bei zeitlich stark konzentrierten Lasten stößt dieses Verfahren mitunter an Grenzen. Die Kühllastberechnung des PHPP liefert lediglich einen Tagesmittelwert. Die Berechnung ist daher nur bei tageszeitlicher Speicherbarkeit der internen bzw. solaren Lasten anwendbar. Bei mäßigen oder bei zeitlich gleichmäßig verteilten Lasten trifft das zu, andernfalls müssen aufwendigere Verfahren auf Stundenbasis eingesetzt werden.

Ob ein Gebäude auch ohne aktive Kühlung ausreichend komfortabel ist, kann man in aller Regel anhand der berechneten Übertemperaturhäufigkeit entscheiden. Unabhängig vom Rechenverfahren haben solche Berechnungen nur eine begrenzte Genauigkeit, bedingt allein schon durch die von Jahr zu Jahr schwankenden Außentemperaturverläufe. Die Berechnungsergebnisse dürfen daher nicht überinterpretiert werden.

Die an sich nahe liegende, einfache Umrechnung der Übertemperaturhäufigkeiten auf die Nutzungszeit eines Nichtwohngebäudes unter der Annahme, dass sämtliche Übertemperaturen in die Nutzungszeit fallen, erwies sich als deutlich zu pessimistisch. Eine solche Umrechnung ist nur dann möglich, wenn man davon ausgehen kann, dass unter den gegebenen Randbedingungen nach Ende der Nutzung sofort wieder komfortable Innenbedingungen hergestellt werden können. Andernfalls liefert die Umrechnung kaum genauere Ergebnisse als ein vollständiger Verzicht darauf.

Eine Anwendung des Verfahrens auf einzelne Räume kann nicht empfohlen werden.

Der Einfluss der Sommerlüftung wird in den Modellen meist gut abgebildet, Schwächen wurden bei hohen Lasten und Luftwechseln erkennbar.

Literatur

[PHPP] Feist, Wolfgang (Hrsg.): Passivhaus Projektierungs Paket. Darmstadt, Passivhaus Institut, 1998-2012

[DWD 2004] Christoffer, Jürgen, Thomas Deutschländer, Monika Webs: Testreferenzjahre von Deutschland für mittlere und extreme Witterungsverhältnisse. Selbstverlag des Deutschen Wetterdienstes, Offenbach 2004

[Feist 1998] Feist, Wolfgang: Heizwärmebilanzen nach EN 832 und dem Passivhaus-Projektierungs-Paket: Ein bedeutender Fortschritt für die rechnerische Ermittlung des Jahresheizwärmebedarfs. In: Arbeitskreis kostengünstige Passivhäuser, Protokollband Nr. 13, Energiebilanzen mit dem Passivhaus Projektierungs Paket, Darmstadt, Passivhaus Institut, Dezember 1998

[Feist 1998a] Feist, Wolfgang: Passive Solarenergienutzung im Passivhaus. In: Arbeitskreis kostengünstige Passivhäuser, Protokollband Nr. 13, Energiebilanzen mit dem Passivhaus Projektierungs Paket, Darmstadt, Passivhaus Institut, Dezember 1998

[Schnieders 2003] Schnieders, Jürgen: Der Einfluss verschiedener Lüftungsstrategien auf das Sommerklima – vergleichende Untersuchung mittels dynamischer Gebäudesimulation. In: Arbeitskreis kostengünstige Passivhäuser, Protokollband Nr. 22, Lüftungsstrategien für den Sommer, Darmstadt, Passivhaus Institut, 2003

Siehe auch

grundlagen/sommerfall/planungstools_fuer_den_sommerfall_im_nichtwohngebaeude.txt · Zuletzt geändert: 2013/04/14 16:23 von cweber