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PHPP - Validiert und in der Praxis bewährt

Der Vergleich mit Messdaten

Im Rahmen wissenschaftlicher Begleitforschungen wurden an mehreren hundert Objekten Messergebnisse mit Berechnungsergebnissen des PHPP und dynamischer Simulationen verglichen.

Von entscheidender Bedeutung war das CEPHEUS-Projekt im Rahmen des europäischen Thermie-Programms, in dem an insgesamt 14 europäischen Standorten Siedlungen und größere Wohngebäude in Passivhaus-Standard gebaut und wissenschaftlich begleitet wurden. Planung und Bau dieser Passivhaussiedlungen war 1998-2000, die Messung und Auswertung fand 2000 und 2001 statt.

Dabei zeigte sich, dass die thermischen Gebäudeeigenschaften - auch bei Passivhäusern - mit überraschend hoher Genauigkeit mit dem Energie-bilanzprogramm des PHPP wiedergegeben werden können. Insbesondere trifft dies nach der Auswertung auch für das eigens entwickelte Verfahren zur Berechnung der Heizlast zu.

Die folgende Abbildung zeigt Ergebnisse eines Vergleichs von Messungen und PHPP-Berechnungen bei verschiedenen Siedlungen. Interessant ist insbesondere, dass stets - übrigens bei allen Gebäudestandards - hohe (relative) Nutzerstreuungen beobachtet werden, das Projektierungsergebnis aber ausgezeichnet mit den durchschnittlichen Messergebnissen übereinstimmt.

Abbildung 1:
Vergleich von Verbrauchsmessungen (statistische Daten) zur Berechnung mit dem PHPP.


Vergleichen kann man nur mittlere Messergebnisse aus statistisch hinreichend großen Stichproben,
weil die Einzelverbrauchswerte wegen des unterschiedlichen Nutzerverhaltens sehr stark schwanken.
Die Mittelwerte werden mit dem PHPP sehr genau getroffen.
Die PHPP-Berechnungen wurden vor Bauerstellung durchgeführt und publiziert.


Dass die Ergebnisse der Mittelwerte der Messungen so gut mit der PHPP-Berechnung übereinstimmen, überrascht. Das ist im konkreten Fall eher ein Zufall, denn die Genauigkeiten sind weder bei der Messung noch bei der Berechnung so groß. Allerdings: Die abgebildeten Werte sind die tatsächlich abgelesenen Messwerte - und die Berechnungsergebnisse sind die Werte, die vor Baubeginn berechnet und bereits vor Fertigstellung publiziert wurden.

Genauer als herkömmliche Verfahren

Das PHPP wurde systematisch durch Abgleich der Ausnutzungsgradfunktion auf die Ergebnisse instationärer Simulationen entwickelt [AkkP 13]. Verwendet wurden dabei ausschließlich solche Simulationsmodelle, die zuvor an Messungen in gebauten Passivhäusern validiert worden sind. Der Abgleich wurde für den Standard von Passivhäusern vorgenommen - also für Objekte, die einen sehr geringen Heizwärmebedarf haben. An dieser Stelle weicht die Berechnung nach dem PHPP im Algorithmus von der internationalen Norm ISO 13790 ab. Die Abweichung ist für gewöhnliche Gebäude nicht bedeutend – erst bei Objekten mit extrem langen Zeitkonstanten wirkt sie sich aus: Die Aproximation nach EN 832 (ISO 13790) ist dann zu optimistisch.

Im PHPP werden aber mehrere Randbedingungen deutlich anders gewählt als z.B. im Berechnungsgang der deutschen Energieeinsparverordnung (EnEV). Für diese Änderungen gibt es wichtige Gründe, die im Einzelnen in [Feist 2001] diskutiert werden:

  • Für die inneren Wärmequellen (IWQ) sind bei Wohngebäuden mit effizienten Hausgeräten in der Heizperiode Werte um 2.1 W/m² (±0.3) realistisch und nicht deutlich höhere Werte, wie häufig angenommen. Das PHPP enthält im Übrigen ein IWQ-Berechnungsblatt, mit dem die inneren Wärmequellen beim spezifischen Bauprojekt genauer bestimmt werden können. Zu hoch angenommene innere Wärmequellen führen zu der Illusion, dass sehr niedrige Verbräuche oder sogar Nullheizenergiehäuser schon bei mäßigen Baustandards möglich wären. Die Praxis belegt, dass dies nicht stimmt.
  • Für die mittlere Raumtemperatur ist derzeit ein Wert von 20°C eine realistische Annahme - und nicht 19°C.
  • Für die Solargewinne sind realistische Verschattungsfaktoren und Ansätze für die immer vorhandene Verschmutzung zu berücksichtigen. Nationale Berechnungsprogramme berücksichtigen dies oft gar nicht und wenn, dann in einer meist viel zu optimistischen Weise.
  • Die pauschalen Temperaturkorrekturfaktoren werden oft für gut gedämmte Gebäude zu niedrig angesetzt. Zum Beispiel für Dachgeschossdecken liegen realistische Werte nicht bei 0.8, sondern bei 1.0.
  • Der Ansatz für eine „zusätzliche Luftwechselrate infolge von Undichtheiten und Fensteröffnen“ muss - wie im PHPP und in DIN EN ISO 832 - ausgehend von der erreichten Luftdichtheit, d.h. dem gemessenen n50-Wert berechnet werden.

Diese und weitere Punkte führen zu Unterschieden bei den Berechnungen nach nationalen Normen und nach dem PHPP, die für energieeffiziente Gebäude relevant sind. Da die Algorithmen im PHPP für energieeffiziente entwickelt und validiert wurden, liefert es an dieser Stelle deutlich zuverlässigere Ergebnisse als herkömmliche Rechenverfahren.

Das zugleich robuste aber vor allem ehrliche Verfahren des PHPP ist es, das die erfolgreiche Umsetzung von Energieeffizienz in die Praxis erlaubt: Es ist eben letztlich nicht hilfreich, sich in Bezug auf verfügbare frei Wärme etwas vor zu machen. Ebensowenig haben zusätzliche Verluste (… die es in nennenswerter Höhe gar nicht gibt) etwas in den Verfahren zu suchen, wie z.B. angebliche umfangreiche Fensteröffnungen im Kernwinter.

Es ist ein Verdienst der jahrzehntelangen sorgfältigen Feldforschung des Passivhaus Institutes mit Hunderten von systematisch vermessenen Projekten, erkennen zu können, welches die relevanten Einflussgrößen sind und deren Einfluss adäquat im PHPP ab zu bilden. Die vorliegenden Erkenntnisse zeigen gute Übereinstimmung mit der zugrunde liegenden Physik - deren Regeln sich gerade bei den Feldmessungen immer wieder bestätigen. Die bewährten Regeln der Physik durch Veränderung der Randbedingungen so zu beugen, dass gewisse nationale oder anderwärtig spezielle Interessen besser erfüllt werden - das hat sich noch nie bewährt und es wirkt sich am Ende zu Schaden derer aus, die diese veränderten und weniger zuverlässigen Verfahren anwenden.

Beispiel

Abbildung 2:
Ein Beispiel für eine Bilanz nach dem Passivhaus-Projektierungspaket für ein Einfamilien-
Passivhaus. Mit 14,3 kWh/(m²a) ist das Kriterium für den Heizwärmebedarf erfüllt.
Dieser Link führt zu weiteren Informationen: Wirtschaftlichkeit. Quelle: [AkkP 20].


Abbildung 3:
Monatliche Heizwärmebilanz nach
PHPP für das Beispiel-Einfamilenhaus.


Quelle: [AkkP 20]
Abbildung 4:
Jahresenergibilanz Nutzwärme (Summe
der Monatsbilanzen) für ein Einfamilien-Passiv-
haus, berechnet nach PHPP nach [AkkP 20].


Passiv solare Gewinne und innere Wärmequellen sind im allgemeinen bei einem Passivhaus von größerer Bedeutung als die noch benötigte Heizwärme (rechte Säule).

Literatur

[AkkP 5] Energiebilanz und Temperaturverhalten; Protokollband Nr. 5 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser, 1. Auflage, Passivhaus Institut, Darmstadt 1997

[AkkP 13] Energiebilanzen mit dem Passivhaus-Projektierungspaket; Protokollband Nr. 13 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser, 1. Auflage, Passivhaus Institut, Darmstadt 1998

[AkkP 20] Passivhaus-Versorgungstechnik; Protokollband Nr. 20 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser, 1. Auflage, Passivhaus Institut, Darmstadt 2000

[Feist 1994] Thermische Gebäudesimulation; 1. Auflage, 366 Seiten, 1994 (Link zum Simulationsprogramm DYNBIL: Dynamische Simulation)

[Feist 2001] Stellungnahme zur Vornorm DIN-V-4108-6:2000 aus Sicht der Passivhausentwicklung, CEPHEUS-Bericht, 1. Auflage, Passivhaus Institut, Darmstadt 2001

[PHPP 2007] Feist, W.; Pfluger, R.; Kaufmann, B.; Schnieders, J.; Kah, O.: Passivhaus-Projektierungspaket 2007, Passivhaus Institut Darmstadt, 2007

Siehe auch

planung/energieeffizienz_ist_berechenbar/energiebilanzen_mit_dem_phpp/phpp_-_das_passivhaus_planungstool.txt · Zuletzt geändert: 2023/09/09 15:09 von wfeist