Dies ist eine alte Version des Dokuments!
Inhaltsverzeichnis
Kompaktgeräte für Lüftung, Heizung und Warmwasserbereitung
Idee 1: Heizen mit der aus hygienischen Gründen erforderlichen Frischluft
Frische Luft braucht jedes von Menschen genutzte Haus.
- Wird die notwendige Lufterneuerung dem Zufall überlassen, so braucht man sich über schlechte Innenluftqualität nicht zu wundern.
- Versäumt man es, die Wärme aus der verbrauchten Luft zurückzugewinnen, so sind die Lüftungswärmeverluste hoch – ein wirklich energieeffizientes Gebäude ist so nicht zu erreichen, wenn auch die Luftqualität stimmen soll.
⇒ Eine Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung ist daher beim Neubau und bei der energieeffizienten Modernisierung unverzichtbar – siehe auch unser Beitrag zur Wohnungslüftung.
Mit der Zuluft, die vom Wärmerückgewinnungsgerät kommt, kann auch ein wenig Heizwärme transportiert werden - nicht viel: Gerade etwa 10 W/m² kann mit der aus hygienischen Gründen unverzichtbaren Frischluft in die Zulufträume gebracht werden (vgl. Frischluft-Wärmekapazität). In einem Passivhaus ist der Heizleistungsbedarf jedoch äußerst gering. So gering, dass er gerade vollständig durch eben diese 10 W/m² aus einer Frischluftheizung gedeckt werden kann.
Damit werden überzeugend einfache Haustechniksysteme für Passivhäuser ermöglicht: „Heizen mit der Lüftungsanlage“, ohne dass zusätzliche Kanäle oder größere Kanäle erforderlich werden. Bringt man die Zulufterwärmung gleich im Lüftungsgerät mit unter und integriert im gleichen Gerät auch noch die Warmwasserbereitung, dann hat man das Kompaktgerät: Heizen, Lüften und Warmwasserbereitung in einem Gerät. Für den Wärmeerzeuger sind dabei unterschiedliche Lösungen möglich:
- Mit einer kleinen Wärmepumpe (Wärmepumpenkompaktgerät)
- Mit einer kleinen Gasbrennwertbox (Brennwert-Kompaktgerät)
- Mit einem Kleinstwärmeerzeuger auf Biomasse-Basis wie z.B. Stroh-Pellets.
Idee 2: Heizen mit Fortluftrestwärme: Das Wärmepumpenkompaktgerät
Die Restwärme in der Fortluft eines Wohnungslüftungsgerätes ist eigentlich nicht besonders ergiebig. Genauer spricht man hier von „Enthalpie“; die in der Luft enthaltene Feuchtigkeit, die auskondensieren kann, hat daran einen bedeutenden Anteil. In einem Passivhaus ist jedoch auch der Wärmebedarf so gering, dass er nahezu vollständig durch diese restliche Fortluftenthalpie gedeckt werden kann. Dieser Ansatz wurde 1995 durch Wolfgang Feist publiziert. Damit wurde das Zertifizierung und primärenergetische Bilanzierung von Wärmepumpen-Kompaktgeräten für Passivhäuser ermöglicht.
Inzwischen gibt es über zehn Anbieter solcher Lüftungskompaktgeräte. Die Geräte sind hocheffizient - das haben wissenschaftlich ausgewertete Messungen in Passivhaussiedlungen bewiesen.
Das bereits „klassische“ Wärmepumpen-Kompaktgerät vereint Heizung, Lüftung und Warmwasserbereitung in einer handlichen Einheit; alles dreht sich dabei um die Luft: Sie dient als Transportmedium für die Heizung und ist (fortluftseitig) zugleich Wärmequelle für die Wärmepumpe. Eine Energiebilanz zeigt, ob ein solches Kompaktgerät in einem Gebäude für die Beheizung ausreicht. |
Idee 3: Heizen mit Biomasse: Das Pelletofen-Kompaktgerät
Heizen mit Biomasse kann man natürlich nicht nur in Passivhäusern. Aber das verfügbare Potenzial an nachhaltig gewinnbarem nachwachsendem Brennstoff ist begrenzt. Bei schlechter Effizienz kann nur ein kleiner Bruchteil der Gebäude in Europa (und auch weltweit) nachhaltig mit Biomasse versorgt werden. Ist die Effizienz jedoch hoch genug, so hoch wie beispielsweise in Passivhäusern, so reicht die Brennstoffmenge aus einer nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft aus, um einen beträchtlichen Anteil der Versorgung übernehmen zu können.
Eine hohe Effizienz ist auch gut für den Nutzer. Wenn die erforderliche Heizleistung nur 1 bis 2 Kilowatt beträgt, so wird das Biomasse-Heizgerät eine kleine Box, die wenig Platz braucht und das ganze Haus heizen kann. So ergibt sich eine ganze Reihe von Vorteilen:
Die Biomasse-Heizbox läuft vollautomatisch, wie man es von modernen Heizungssystemen gewohnt ist. Der Brennstoffbedarf liegt bei wenigen Kilogramm Pellets pro Tag. Die Bevorratung braucht daher kaum Platz – es wäre sogar möglich, die geringen Brennstoffmengen beim wöchentlichen Lebensmitteleinkauf mitzubringen. Die erforderliche Verbrennungsluft kann im Kompaktgerät gleich mit der Frischluft angesaugt werden. Die sehr geringen Abgasvolumenströme können vom Kompaktgerät zusammen mit der Fortluft aus der Wärmerückgewinnung abgeführt werden; ein zusätzlicher Schornstein oder ein Abgasrohr können entfallen. Damit ergibt sich für ein Passivhaus ein denkbar einfaches, vollständig auf erneuerbare Energiequellen aufbauendes Haustechnikkonzept, das sich in der Entwicklung befindet - leider derzeit noch nicht am Markt erhältlich ist.
Bereits heute gibt es Passivhäuser, deren wesentlicher Wärmeerzeuger ein marktgängiger Holzpelletofen ist (Passivhäuser Friedberg).
Idee 4: Heizen mit Brennwert: Das Kompaktgerät auf Gasbasis
Dass man mit Gas saubere Wärmeerzeuger auch mit sehr kleiner Leistung realisieren kann, weiß jeder Nutzer eines Gasherdes. Trotzdem hat es lange gebraucht, bis diese Technik nun auch für die Nachheizung in einem Kompaktgerät für Passivhäuser verfügbar wird. Dabei liegen auch hier die Vorteile klar auf der Hand:
- Das Brennwertgerät braucht eine geringe Verbrennungsluftmenge. Die Lüftungsanlage, die das Herz jedes Kompaktgerätes ist, kann diese Verbrennungsluft problemlos nebenbei mit bereitstellen. Eine separate Verbrennungsluftführung wird damit entbehrlich.
- Im Brennwertgerät fällt Kondensat an, das über eine Kondensatleitung in das Abwasser entsorgt werden muss. Aber auch schon das Lüftungsgerät mit Gegenstromwärmeübertrager muss über einen Kondensatablauf verfügen. Im Kompaktgerät werden beide Teile kostensparend vereint.
- Das Abgas aus dem Brennwertgerät benötigt ein Abgasrohr; Auch dieses steht mit dem Fortluftkanal des Lüftungsgerätes bereits zur Verfügung; Voraussetzung ist allerdings, dass die Leistung sehr gering ist und damit auch nur geringe Abgasmengen anfallen.
Andere Ideen
Lüftungskompaktgeräte sind nicht die einzige Haustechniklösung für Passivhäuser: Lösungen auf der Basis von Erdgas sind ebenso attraktiv wie Holzpelletskessel oder innovative elektrische Systeme. Besonders gut schneiden solche Lösungen ab, die mit solarthermischen Kollektoren kombiniert werden. Effizienztechnik und erneuerbare Energie ergänzen einander optimal: Beim geringen Verbrauch eines Passivhauses kann Sonnenenergie den Hauptteil der Versorgung übernehmen.
Kommentar des Autors 2022 (zwölf Jahre nach dem Verfassen der ursprünglichen Publikation)
Ganz oberflächlich hat sich 'sehr viel getan' in diesen 12 Jahren. Bei genauer Betrachtung erweist sich diese empfundene Veränderung jedoch sehr stark als vor allem „Wahrnehmungsverschiebungen“, wobei sich diese Verschiebungen sogar in verschiedenen Gruppen der Gesellschaft stark unterscheiden1) und die jeweilige öffentliche Debatte zum einen oft zukünftige theoretische2) Konzepte betrifft3) und zudem schnell schwankendem Zeitgeist folgt.
Beginnen wir mit dem Bestand der Heizungssysteme in Deutschland:
Heizsystem | Prozentualer Anteil 2010 | Prozentualer Anteil 2019 |
---|---|---|
Gaskessel | 47,2% | 47,2% |
Ölkessel | 25,8% | 22,7% |
Fernwärme | 9,2% | 9,1% |
Strom, ges. | 2,2% | 2,3% |
sonstige | 18,7% | 15,6% |
Quelle: Blatt 7 der [Energiedaten des BMWi]
Faktisch wurden die Deckungsanteile der Ölheizungen und „sonstiger Systeme“ (das betrifft zu einem Teil auch Einzelöfen) verringert, aber auch das nicht in besonders auffälligem Umfang.
Auch der Gesamtverbrauch hat sich nur wenig verändert (im gesamten Zeitraum weniger als 3%).
Dieses offensichtliche sehr hohe Beharrungsvermögen der Struktur steht in einem gewissen Kontrast zu den öffentlich geführten Diskussionen und auch zur Wahrnehmung bzgl. der Entwicklung: So war ab ca. 2008 In Deutschland weit überwiegend die Auffassung, dass der Übergang zum Erdgas sowohl besonders kostengünstig4) als auch besonders umweltfreundlich5) ist. Dementsprechend wurde Erdgas und der Übergang zur Erdgasheizung auch massiv beworben und viele lokale und regionale Versorger haben auf erdgasbasierte Konzepte gesetzt. Vor diesem Hintergrund ist es geradezu überraschend, wie wenig sich dennoch faktisch an der Heizstruktur geändert hat6).
Auch der Einsatz von 'Biomasse als Heizenergieträger' wurde zumindest von Teilbereichen der Gesellschaft sehr positiv gesehen: Brennstoffe aus Holz galten als erneuerbarer Energieträger, wurde (wahrgenommen) aus heimischen Quellen gespeist und waren auch durchaus kostengünstig7). Nur sehr zögerlich drangen die Erkenntnisse einer objektiven wissenschaftlichen Betrachtung durch: Inzwischen (2022) ist das UBA außerordentlich skeptisch bzgl. der ökologischen Bewertung der Holzheizung - nach wie vor wird diese aber in den offiziellen Berechnungen als 'klimaneutral' bewertet und auch weiterhin in den Förder-Programmen der Regierungen begünstigt. Auf der anderen Seite gab es aber auch massive Kritik an der Nutzung von Feststoff-Wärmeerzeugern in Wohngebieten. Die Diskussion war in hohem Maße auch emotional 'aufgeladen'. Wir gehen an anderer Stelle darauf ein, wie wir diese Fragen aus unabhängiger Sicht heute bewerten: Ganz kurz gefasst, als eine viel zu bedeutend eingestufte Diskussion; 'Biomasseheizung' ist weder 'DIE entscheidende Lösung aller Probleme' noch 'das massive Problem', wie es extreme Vertreter der jeweiligen Gruppen sehen möchten.
Insbesondere auch bei der Fernwärme hat sich im Betrachtungszeitraum nur wenig getan. Von der Wahrnehmung her galt 'Fernwärme' gerade bei ökologisch motivierten Experten als besonders zukunftsweisend, argumentativ, weil dort 'Abfallwärme' aus anderen Systemen verwendet werden kann8). Gerade wegen der Philosophie der „Abfallwärmenutzung“ wurde gerade bei vielen Experten die Fernwärme auch als potentiell sehr kostengünstig bereitstellbar angesehen9).
Im Jahr 2022 änderte sich die Wahrnehmung durch den Krieg und die dadurch ausgelöste Krise bei den meisten Menschen sehr stark: Die Abhängigkeit von täglichen Lieferungen wurde bewusst; zudem 'explodierten' die Energiepreise, und das nicht nur beim direkt betroffenen Erdgas, sondern in der Folge auch beim Heizöl, beim Strom und sogar beim Brennholz10). Nun erscheint auf einmal gerade 'Erdgas' als besonders wenig wünschbare Option. Wärmepumpen wurden von den meisten Experten jetzt als die vernünftiger Perspektive dargestellt, dabei aber oft übersehen, dass diese derzeit noch vergleichsweise teuer in der Anschaffung sind11) und vor allem, dass eine solche Umstellung in der Breite Zeit benötigt: allein schon, weil die Kapazitäten im Handwerk begrenzt sind, aber auch, weil die Stückzahlen zumindest zunächst nicht hoch genug sind.
Siehe auch
Zertifizierung und primärenergetische Bilanzierung von Wärmepumpen-Kompaktgeräten
Biomasse-Heizung im Passivhaus