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Plädoyer eines Bauherrn

Argumente und Tipps für das Eigenheim im Passivhaus-Standard

Von Wolfgang Geber

Die Investition lohnt sich

Mit Sicherheit ist ein Passivhaus unter Betrachtung der Gesamtkosten über den gesamten Nutzungszeitraum günstiger als ein konventionelles Haus. Hier soll es aber um die Frage gehen, ob sich ein Passivhaus auch jenseits der Kostenbetrachtung lohnt. Die Antwort lautet eindeutig „Ja“, denn beim Passivhaus handelt es sich nicht um eine nüchterne Geldanlage, die eine möglichst hohe Rendite abwerfen soll, sondern um einen Baustandard, bei dem jeder einzelne Euro bestens investiert ist in Wohlfühlklima, Wohnkomfort und Wertstabilität.

Wohlfühlklima

  • Die Räume sind rundherum gleichmäßig angenehm warm, ganz ohne ungemütlich kühl strahlende Wand- oder Fensterflächen.
  • Es gibt keine Zuglufterscheinungen an den Füßen oder im Nacken durch hohe Temperaturunterschiede zwischen kalten Fenstern und warmen Heizkörpern.
  • Dank des Lüftungsgerätes mit Wärmerückgewinnung genießt man immer frische, gefilterte und vorgewärmte Luft.

Wohnkomfort

  • Dank Lüftungsgerät spart man sich das lästige, aber regelmäßig notwendige Fensterlüften und damit eine Entscheidung zwischen „Pest oder Cholera“: Stoßlüftung mit offenen Fenstern = unangenehme „Kaltluftdusche“ oder Kipplüftung = Energieverschwendung. Gleichzeitig lässt sich die Fensterlüftung als effektive Möglichkeit nutzen, im Sommer das tagsüber erwärmte Haus nachts wieder abzukühlen.
  • Das Lüftungsgerät mit Luftfilter bringt weitere Komfort-Vorteile: 70 Prozent weniger Staubablagerungen im Haus, pollenfreie Luft, keine Fliegen, Stechmücken oder Spinnen im Haus.

Wertstabilität

  • Die Bausubstanz ist nicht durch Luftundichtigkeiten und Kondensatausfall in der Wand gefährdet, da ein Passivhaus deutlich luftdichter ausgeführt wird als ein konventionelles Haus.
  • Es gibt keine Schimmelgefahr mehr an Wärmebrücken oder durch „vergessene“ Fensterlüftung.
  • Ein Passivhaus verzeiht etwaige Planungs- und Baufehler im Bereich der Wärmedämmung eher als ein konventionelles Haus: Im Passivhaus steigen dann in der Regel lediglich die Wärmeverluste, bei konventionellem Bauen drohen Kondenswasser in kritischen Bereichen, Schimmel oder Feuchteschäden innerhalb der Bausubstanz mit gegebenenfalls aufwendigen Sanierungskosten.
  • Wenn in Zukunft Passivhäuser zum gesetzlichen Mindeststandard erklärt werden und konventionelle Häuser langfristig weniger nachgefragt werden, ist der Verkaufswert des Passivhauses höher.

Man muss sich also keine Sorgen machen, ob sich der anfängliche Mehrpreis eines Passivhauses rentieren wird, sondern kann sich jeden Tag an diesem deutlichen Plus an Wohlfühlklima, Wohnkomfort und Wertstabilität erfreuen.

Unzumutbar: EnEV-Häuser ohne Lüftung

In den letzten 20 Jahren ließ sich beobachten, dass die wenigsten Bewohner von immer besser gedämmten und luftdichteren Gebäuden ihr Lüftungsverhalten entsprechend anpassen und vielmals täglich per Stoßlüftung die Luft austauschen. Wenn man sich an die Vorgaben der DIN hält, müsste man unter Anrechnung der immer geringeren Leckagen mindestens viermal täglich stoßlüften. Wer macht das? Im Ergebnis wird entweder zu wenig gelüftet oder zu lange mit Fenster-Kipplüftung, die alle Bemühungen nach Optimierung des Energieverbrauchs zunichte macht. Die Folgen sind entweder Probleme mit Schimmel oder unnötig hohe Heizkosten.

Hochwertige Ausstattung

Wenn man die oben dargelegten Punkte zusammenfasst, sollte ein aktuelles Haus selbst bei Vernachlässigung von energetischen Fragestellungen folgende Mindestausstattung haben:

  • Gut isolierte Fenster und gedämmte Gebäudehülle wegen des Wohlfühlklimas im Winter
  • Luftdichtheit zur Vermeidung von Bauschäden durch ausfallende Luftfeuchtigkeit in der Bausubstanz
  • Lüftungsgerät für fische Luft und Komfort
  • Wärmebrückenfreiheit wegen Vermeidung von schimmelgefährdeten Bereichen.

Mit diesen Komponenten hat man bereits deutlich mehr als den halben Weg zum Passivhaus zurückgelegt. Wer dann noch darauf achtet, dass alle Teilbereiche im Haus die energetischen Mindestanforderungen eines Passivhauses erfüllen, ist mit überschaubarem finanziellen Mehraufwand beim Passivhaus angelangt. Wer nun zur Überzeugung gelangt ist, nichts anderes mehr als ein Passivhaus bauen zu wollen, kann gerne die folgenden Tipps aus meiner eigenen Baupraxis nutzen.

Bau-Tipps

  • Der beauftragte Architekt sollte entweder Erfahrungen mit dem Bau von Passivhäusern haben oder aber wenigstens der Thematik Passivhaus offen gegenüber stehen und sich entsprechend fortgebildet haben.
  • Wenn man das Dach noch besser dämmt als nach Passivhausstandard vorgesehen, lässt sich Hitze im Sommer aus dem obersten Stockwerk deutlich besser fernhalten. Dunkle Ziegelsteine erhitzen sich bis auf 70°C, innen sollen es aber nur ca. 20°C sein − der Temperaturunterschied beträgt dann heftige 50 Kelvin!
  • Mit Bedienteilen für die Lüftung in Bädern und Küche kann man bei Bedarf per Knopfdruck für z.B. 30 Minuten auf höchster Stufe lüften.
  • Eine Sole-Wärmepumpe mit Erdflächen-Kollektor hat viele Vorteile: Niedrige Investitionskosten, weitgehende Wartungsfreiheit, Gasanschluss oder Schornstein sind nicht nötig und die Schornsteinfegerkosten entfallen ebenfalls. Bei Ökostrombezug gibt es keine CO2-Emissionen und die geräuschlose Sole-Wärmepumpe belastet auch das Verhältnis zu den Nachbarn nicht, wie dies schon mal bei einer Split-Luft-Luft-Wärmepumpe wegen des Lüftergeräuschs vor dem Haus vorkommen kann.

Budget-Tipps

  • Den Technikraum doppelt nutzen: für Haustechnik und als Hauswirtschaftsraum.
  • Fläche und Kosten lassen sich einsparen, indem der Keller als Gäste-, Arbeits- oder Hobbyraum ausgebaut wird. Üppiges Licht lässt sich durch Freigrabungen der Fenster oder Spiegel bzw. Reflexionsbleche in Lichtschächten einbringen. Diese Räume haben nach der „Lichtoptimierung“ und wegen des Anschlusses an die Lüftungsanlage und der guten Dämmung definitiv nichts mehr gemein mit bisherigen Kellern (dunkel, klamm, feucht, Spinnen). Alternativ kann man auf den Keller komplett verzichten und stattdessen Heizung und Lüftungsanlage z.B. im Bad einbauen.
  • Haustür durch Fenster ersetzen: Selbst bei einem passivhausgeeigneten, bodentiefen „Luxus-Fenster“ als Nebeneingangstür mit verbessertem U-Wert, fensterhoher Edelstahl-Griffstange, verbreitertem Rahmen (für die notwendige Griff-Mechanik), höhenreduzierter Schwelle, drei Scharnieren, drei Fallen und fünf Absperr-Elementen lassen sich leicht 75 Prozent im Vergleich zur einfachen Passivhaustür sparen.

Als spannende Erfahrung sei jedem der Besuch von Passivhäusern in der Region an den "Tagen des Passivhauses" jährlich im November empfohlen.

Viel Erfolg beim Bau Ihres Passivhauses!

wolfgang_geber_foto.jpgWolfgang Geber ist Dipl.-Ing. Elektrotechnik und arbeitet als Key Account Manager in der Telekommunikationsbranche. 2008 haben er und seine Ehefrau sich zum Bau eines Eigenheimes als Passivhaus entschieden. Seit 2011 ist er begeisterter Passivhausbewohner.

Infos zum Haus unter www.passivhausprojekte.de



Siehe auch

Übersicht zu den Passipedia-Artikeln zum Thema „Nutzung und Erfahrungen“

betrieb/nutzung_erfahrungen/nutzer-erfahrungen/bewohner1.txt · Zuletzt geändert: 2020/01/20 10:34 von cblagojevic