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Analyse zum Energieverbrauch in Deutschland

Anschaulich aufbereitet: Der Energieverbrauch pro Kopf der Bevölkerung in Deutschland, zugeordnet dem Anwendungszweck in kWh pro Jahr und pro Person.1)2)
Die Summe beträgt ziemlich genau 30 000 kWh pro Kopf und Jahr. Wer wissen will, ob es auch anders geht, kann das hier nachlesen: "Energieeffizienz jetzt". Etwa 80% dieser Endenergie stammen aus nicht erneuerbaren Quellen, und diese werden fast ausschließlich durch Verbrennen kohlenstoffhaltiger fossiler Energieträger gewonnen3). Das ist die wesentliche Ursache für die Klimaveränderungen.

Der größte Brocken ist: der Verkehr (dunkelgrün)! (30%)
Es folgt: Raumwärme (rot), (27%)
dann: Prozesswärme (dunkelrot). (21%)

Weil derzeit vor allem der Energieträger „Erdgas“ in der Diskussion ist, haben wir die Aufteilung nach Anwendungen auch speziell für Erdgas hier aufbereitet. Um einen weiteren Bezugspunkt zum Vergleich zu haben: mit 1 m² Solarpaneelen (PV) können in Deutschland etwa 120 kWh/a Strom erzeugt werden.

Kommentar I: Am einfachsten geht die Umstellung auf erneuerbare Energie, wenn überall wo dies möglich ist auf elektrische Energie umgestellt wird (also z.B. reinelektrische Fahrzeuge und Wärmepumpen zur Heizung).4)

Kommentar II: Mit Photovoltaik (PV) im Inland allein geht das nicht… allein schon wegen des Jahresgangs. Mit PV kann ich nicht nennenswert die Räume heizen, wenn die nicht super gut wärmegedämmt sind.

Kommentar III: Windenergie muss den Hauptanteil bringen, wegen der hohen Dominanz der Heizung5)

Kommentar IV: Das führt aber auf etwa 3mal soviel Strombedarf wie heute (die höhere Effizienz der Elektrofahrzeuge und der Wärmepumpen ist dabei schon berücksichtigt). Das bedeutet einen hohen Bedarf an Netzausbau, bis in die Unterverteilung, und es bedingt einen bisher nicht ausgewiesenen weiteren Flächenbedarf für Wind und PV. Entscheidend ist es daher, zugleich die Effizienz zu verbessern; damit es leistbar und bezahlbar bleibt. Die Alternative ist sonst der Import von zusätzlichen erneuerbar erzeugten Energieträgern z.B. aus Nordafrika; und das wird sicher teuer und dann die nächste Runde im Austausch von Abhängigkeiten6).

Kommentar V : Insbesondere bei Raumwärme und Warmwasser ist die Effizienzverbesserung gut erreichbar (siehe EnerPHit) - dann funktioniert die Umstellung schon mit etwa 1,6mal soviel Gesamtstrom wie heute und zusätzlich etwa 0,5 vom heutigen Strombedarf an erneuerbar erzeugtem Gas (z.B. Wassersoff oder EE-Synthesegas; die werden aber nahezu ausschließlich in der Industrie und für spezielle Verkehrsmittel eingesetzt7)); und das ist vollkommen realistisch umsetzbar (klar, das sind dann schon eine Menge zusätzlicher Windräder; 4 bis 5 mal so viele, wie heute ins deutsche Netz einspeisen).

Kommentar VI: Ohne eine nachhaltige Verkehrswende (30% des Verbrauchs) geht es gar nicht. Und die reinelektrischen Autos sind da zwar ein wichtiger Beitrag, reichen aber allein nicht und sind ja auch nicht morgen schon überall im Einsatz. Somit:

  • Temporegelungen (auch wenn die unpopulär sind)
  • Einsatz elektrischer Kleinfahrzeuge für einen weit höheren Teil des Nahverkehrs und des Freizeitverkehrs (siehe DLR Leichtfahrzeuge),
  • Ausbau des öffentlichen Verkehrs,
  • Fußgänger- und Fahrrad- freundlichere Städte

…all das wird gebraucht werden.

Bei den Gebäuden führt kein Weg an der energetischen Modernisierung nach dem Prinzip „Wenn schon, denn schon“ vorbei - und an einer zügigen Umstellung auf einerseits wärmepumpenbasierte Heizsysteme und andererseits Nah- bzw. Fernwärme, die allerdings auch CO2-frei (und d.h. NICHT mit Öl, Kohle und auch nicht mit Erdgas) betrieben werden muss. Welche Quellen gibt es dann für die Fernwärme? Im Sommer z.B. thermische Solarenergie8) und/oder Großwärmepumpen. Im Winter nachhaltige Brennstoffe. Für diesen Zweck geht dann auch ausnahmsweise ein Anteil Biobrennstoffe in Kraftwärmekopplung - sowie Wasserstoff oder EE-Gas aus umgewandelter Windenergie; auch ein Anteil Erdwärme (Tiefenbohrung) ist denkbar.

Natürlich macht eine aufgedoppelte Erzeugungsstruktur die Fernwärme nicht billiger9). Der Betrieb mit fossilen Brennstoffen ist aber letztlich sehr viel teurer für uns alle10). Klug ist es auch hier, den Heizwärmebedarf so gering wie möglich zu halten - denn dann ist der Bedarf an teuren Winter-Wärmequellen gering genug, um bezahlbar zu bleiben.

Fazit

Eine Energiewende zu einer nachhaltigen Energiestruktur auf der Basis von erneuerbaren Energiequellen ist praktisch durchführbar; sie erfordert eine nahezu vollständig Umstellung auf Strom als Endenergieträger. Mit vertretbarem Aufwand geht das allerdings nur, wenn auch die Energieeffizienz spürbar verbessert wird. Dies ist aber ohne weiteres möglich: Es muss aber bereits heute angegangen werden, weil die entsprechenden Nutzungen meist auf Systemen mit langen Lebensdauern11) beruhen12).

Quellen

Dem Kuchendiagramm liegen die Daten aus „Zahlen und Fakten: Energiedaten“ des BMWK zu Grunde:

  • verwendet wurden die Endenergiedaten für das Jahr 2019 aus Tabelle 7 der Mappe (download von Energiedaten des BMWK),
  • diese sind dort bereits den Anwendungsfeldern zugeordnet; „mechanische Energie“ wurde von uns aber noch einmal aufgeteilt in „Verkehr“ (nach Tabelle 6a) und „sonstige mechanische Energie“,
  • der Anschaulichkeit halber haben wir die Daten in kWh (Kilowattstunden) umgerechnet13); in dieser Einheit werden schon seit langem Strom und Gas abgerechnet; unter 1 kWh können sich die meisten Anwender am ehesten etwas vorstellen (nebenbei: 1 Liter Heizöl hat ziemlich genau 10 kWh; 1 m³ Erdgas übrigens auch ca. 10 kWh)
  • …und in kWh je Person angegeben (mit der Wohnbevölkerung von 2019, nämlich 83,093 Mio)

Damit wird das zumindest etwas anschaulicher: Umgerechnet in Heizöl hat jeder von uns im Durchschnitt jährlich etwa 3000 Liter davon „verbraucht“. Das ist etwa 5mal soviel wie das gesamte jährlich verbaute Volumen an Beton pro Kopf (wobei auch das schon ziemlich viel ist!) oder 8mal soviel wie der gesamte „Papierverbrauch“ (und der ist auch schon ziemlich hoch, mit der höchste in der Welt). Das zeigt den Maßstab der materiellen Aufwendungen für unseren Lebensstil auf: Der Anteil der fossilen Energie daran ist mit weitem Abstand der bedeutendste Brocken14).

[Energiedaten] Hrsg. BMWK, http://www.bmwi.de/Navigation/DE/Themen/energiedaten.html

1)
Vielfach mag das überraschen: Wieso die hohe Bedeutung der Raumwärme? In den meist sonst gezeigten Statistiken wird die Energie nicht nach Anwendungszweck aufgeteilt, sondern nach dem Ort der Endenergieumwandlung: Eben z.B. Heizwerk oder Kraftwerk. Diese Umwandlungssysteme „erzeugen“ aber nur eine andere Energieform (z.B. Wärme), welche dann für die jeweilige Anwendung (z.B. Warmwasser oder Raumheizung) eingesetzt wird. Auch die „Sektoren“ Kleinverbraucher und Industrie „brauchen“ eine Menge Heizwärme. Die Aufteilung auf Anwendungen wurde unverändert aus der vom Bundeswirtschaftsministerium veröffentlichten Tabelle 7 übernommen; auch wenn die dort gemachten Zuordnungen vermutlich Warmwasser und Prozesswärme noch überbewerten (also vermutlich noch mehr Raumwärme). Das Problem dabei ist, dass die Daten aufgeteilt nach Anwendungen nicht präzise erhoben werden. Die Größenordnungen stimmen aber so einigermaßen.
2)
Datengrundlage: Deutschland im Jahr 2019 bei einer Wohnbevölkerung von 83,1 Mio und einem gesamten Endenergieverbrauch von rund 2500 TWh gemäß Tabelle 8 in [BMWK 2021]
3)
Dass oft der Eindruck erweckt wird, dass wir bereits bedeutende Anteile der Versorgung auf „Erneuerbar“ umgestellt haben, liegt an einer Täuschung: Gern wird der Stromverbrauch mit dem Energieverbrauch verwechselt: Der Stromverbrauch machte aber nur rund 20% (ein Fünftel) des gesamten Endenergieverbrauchs aus. Mit der Umstellung der Stromerzeugung auf Erneuerbare Energie (inzwischen zu rund 50% „geschafft“) ist die Aufgabe somit keinesfalls erledigt. Stark vertreten ist die Devise "dann lasst uns eben alles auf Strom umstellen", und da ist auch was dran, allerdings: das ist eine gigantische Aufgabe, vor allem dann, wenn die übrigen Verbrauchswerte weiterhin so hoch wie bisher bleiben (nämlich 4-mal so hoch wie der Stromverbrauch und damit 8-mal so hoch, wie die bisherige erneuerbare Stromerzeugung). Im verlinkten Beitrag betrachten wir das näher: Kurz zusammengefasst Ja, Umstellung auf Strom wo immer das geht ist zielführend. Aber nur dann, wenn zugleich die Effizienz der betreffenden Anwendungen ganz erheblich verbessert wird und die erneuerbare Stromerzeugung massiv ausgebaut wird.
4)
Das hat mehrere Gründe: (A) Erneuerbar gewonnene Energie ist i.a. sehr leicht in elektrische Energie umwandelbar und dann ins Netz einsparbar. (B) Fast alle Systeme mit Energiebedarf in Deutschland haben Zugang zum Stromnetz. Wenn die von dort zu beziehenden Leistungen nicht sehr stark über das heutige Niveau hinausgehen, ist die Umstellung auf Strom in der Regel recht einfach, weil Strom sehr universell einsetzbar ist. Allerdings ist 'Strom' auch deutlich teurer als die bisher überwiegend durch Verbrennung genutzten fossilen Energieträger - das ist einer der entscheidenden Punkte, bei dem höhere Energieeffizienz die Umstellung erheblich vereinfacht. (C) Die erneuerbar erzeugte Leistung hängt zu jedem Zeitpunkt vom Wetter am Standort ab. Eine weit ausgedehntes Stromnetz führt bereits zu einem gewissen räumlichen Ausgleich. (D) Auch der Strombedarf der Verbraucher schwankt (sogar sehr stark) mit der Zeit. Weil aber z.B. nicht alle gleichzeitig den Backofen betreiben, gleicht sich auch dieser Lastgang in einem großen Netz bereits zu einem beträchtlichen Teil aus. Auch dabei hilft wieder verbesserte Energieeffizienz, und zwar gleich doppelt: einmal ist die Nennleistung bei Betrieb eines effizienteren Systems schon einmal geringer - dann können viele Systeme aber auch ohne Verlust der Dienstleistung für gewisse Zeiten durch Speichereffekte pausieren - und diese Zeitspannen werden auch mit effizienteren Systemen länger (Beispiele: Nachheizen eines Warmwasserspeichers; Raumheizung; Nachkühlen von Kühlgeräten).
5)
Die Elektroautos sind per se sehr viel effizienter (etwa Faktor 5) und sie erzeugen keinen Winterberg.
6)
Seit 1973 hieß es „weg vom Öl“ wg. schlechter Erfahrungen. Jetzt haben wir das durch eine neue Abhängigkeit von fossilem Gas ausgetauscht und merken gerade, dass das vielleicht noch weitaus problematischer ist. Wann lernen wir, dass solche Abhängigkeiten von nicht nachhaltigen Rohstoffquellen immer das gleiche Ergebnis haben: Die nächste Energiekrise.
7)
keinesfalls für die Raumheizung
8)
In großen Anlagen zur Unterstützung der Fernwärme ist dies auch sinnvoll und ökonomisch tragfähig
9)
Es ist auch nicht ganz so „schlimm“; die Leistung der Wärmepumpen z.B. kann auf die sommerliche Last ausgelegt bleiben; das ist dann vielleicht ein Viertel der Gesamtleistung; und die GUD-Kraftwärmekopplungs-Erzeuger, die sind ja ohnehin schon da, die müssen nun aber stromgeführt 'fahren'
10)
Inzwischen wird dafür nun auch wieder „moderne Kernkraft“ ins Spiel gebracht. Die IEA hat das eingehend analysiert und kommt zu dem gleichen Ergebnis, das ich hier 'zu Protokoll' gebe: Eine Kernkraft-Lösung würde sehr teuer werden; bisher ist die noch nicht einmal in der praktischen Anwendung demonstriert - und das Versprechen von der 'billigen Kernkraft', das ist immer wieder gegeben worden - aber nie Realität geworden. Warum wird das teuer? Für die Raumheizung müssten diese Anlagen nur etwa maximal 3000h im Jahr laufen; das ist für kapitalintensive Systeme (übrigens natürlich auch für PV und Windkraft) ungünstig.
11)
z.B. Gebäuden mit Lebensdauern von Jahrzehnten
12)
Dass die Lebensdauern lang sind, ist für die Nachhaltigkeit im übrigen ein Vorteil.
13)
1 kWh = 3,6 MJ; k =1000; M=1000000; h=3600s
14)
Gern feiern wir uns mit in Wahrheit nahezu unbedeutenden Teilerfolgen: Die getrennte Müllsammlung z.B. - die dann überwiegend doch wieder in Heizwerken für fast alle Müllarten endet. Das wird auch noch als großartiges „energetisches Recycling (!)“ gewertet.
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