grundlagen:energiewirtschaft_und_oekologie:zunahme_elektrische_last_durch_waermepumpen
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grundlagen:energiewirtschaft_und_oekologie:zunahme_elektrische_last_durch_waermepumpen [2024/01/26 21:58] – [2. Ermittlung der 7-Tages Wärmelast] wfeist | grundlagen:energiewirtschaft_und_oekologie:zunahme_elektrische_last_durch_waermepumpen [2024/05/16 10:32] (aktuell) – [2. Ermittlung der 7-Tages Wärmelast] yaling.hsiao@passiv.de | ||
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Autor: Wolfgang Feist im Januar 2024\\ \\ | Autor: Wolfgang Feist im Januar 2024\\ \\ | ||
+ | Hinweis: Diese Informationen sind auch in einer Video-Aufnahme verfügbar: [[https:// | ||
=====1. Einführung und Problemstellung===== | =====1. Einführung und Problemstellung===== | ||
Für die Energiewende in Deutschland besteht unter Fachexperten weitgehende Einigkeit, dass die Wärmeversorgung für Raumwärme und Warmwasser auf Dauer nicht länger über fossile Brennstoffe gedeckt werden darf. Auf welche Wärmeerzeuger stattdessen zurückgegriffen werden soll wird jedoch noch immer heftig diskutiert. Die in der Diskussion stehenden Alternativen umfassen den Umstieg auf Nah- und Fernwärme, die Substitution von Erdöl und Erdgas auf der Primärenergieseite durch erneuerbar erzeugte Energieträger (z.B. Wasserstoff) und der vermehrte Einsatz von Biomasse. Bei etwas genauerer Betrachtung stellt sich allerdings heraus, dass keiner dieser bisher erwähnten Ansätze innerhalb von etwa 2 Jahrzehnten einen über seinen heutigen Anteil hinausgehenden zusätzlichen Beitrag von mehr als 10% des bisherigen Verbrauchs wird bereitstellen können – dies ist nicht Gegenstand dieses Artikels, aber leicht nachvollziehbar. Es bleibt der Übergang zu einer elektrischen Erzeugung von Heizwärme und Warmwasser((Strategie: | Für die Energiewende in Deutschland besteht unter Fachexperten weitgehende Einigkeit, dass die Wärmeversorgung für Raumwärme und Warmwasser auf Dauer nicht länger über fossile Brennstoffe gedeckt werden darf. Auf welche Wärmeerzeuger stattdessen zurückgegriffen werden soll wird jedoch noch immer heftig diskutiert. Die in der Diskussion stehenden Alternativen umfassen den Umstieg auf Nah- und Fernwärme, die Substitution von Erdöl und Erdgas auf der Primärenergieseite durch erneuerbar erzeugte Energieträger (z.B. Wasserstoff) und der vermehrte Einsatz von Biomasse. Bei etwas genauerer Betrachtung stellt sich allerdings heraus, dass keiner dieser bisher erwähnten Ansätze innerhalb von etwa 2 Jahrzehnten einen über seinen heutigen Anteil hinausgehenden zusätzlichen Beitrag von mehr als 10% des bisherigen Verbrauchs wird bereitstellen können – dies ist nicht Gegenstand dieses Artikels, aber leicht nachvollziehbar. Es bleibt der Übergang zu einer elektrischen Erzeugung von Heizwärme und Warmwasser((Strategie: | ||
- | =====2. Ermittlung der 7-Tages Wärmelast===== | + | ===== 2. Ermittlung der 7-Tages Wärmelast ===== |
- | Der höchste 7-Tages-Durchschnittswert des Gasbezugs der Haushalts- und Gewerbekunden betrug bisher 3085 GWh/Tag, aufgetreten in der 6.Woche des Jahres 2018 (Endenergie). Das ist kein Ausreißer, es gibt weitere Wochenmittelwerte in vergleichbarer Höhe in den vergangenen 6 Jahren (Abb. 1).\\ \\ | + | |
- | {{ : | + | Der höchste 7-Tages-Durchschnittswert des Gasbezugs der Haushalts- und Gewerbekunden betrug bisher 3085 GWh/Tag, aufgetreten in der 6.Woche des Jahres 2018 (Endenergie). Das ist kein Ausreißer, es gibt weitere Wochenmittelwerte in vergleichbarer Höhe in den vergangenen 6 Jahren (Abb. 1).\\ |
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- | Der mittlere Endenergie-Leistungsbezug dieser Sektoren aus Erdgas lag demnach bei 128,54 GW. In den angegebenen Sektoren wird Erdgas nahezu ausschließlich für Heizung und Warmwasserbereitung verwendet. Gasherde, die von etwa 6% der Haushalte in Deutschland verwendet werden, verbrauchen mit rund 3,3 GWh/Tag nur rund 0,1% davon; der Gasverbrauch im Sektor Industriekunden enthält demgegenüber ebenfalls einen nennenswerten Anteil an Heizenergieanwendungen((vgl. dazu die Werte in Abb.5 im Anhang)), wie aus dem Jahresgang dieses Sektors erkennbar ist; dieser liegt in der Höchstlastwoche in einem Bereich von mindestens weiteren 500 GWh/Tag. Diese beiden Korrekturen (Herde und Industriesektor) nehmen wir in die hier folgende Betrachtung nicht auf, so dass durch unsere Berechnungen der Gasverbrauch für Heizung und Warmwasserbereitung insgesamt noch etwas unterschätzt wird.\\ \\ | + | < |
- | Nach der Publikation ‚Energiedaten‘ [Energiedaten] teilte sich der Energiebedarf für Raumwärme und Warmwasserbereitung im Jahr 2018 wie in Tabelle 1 auf die Endenergieträger auf. Dabei stellt Erdgas einen Anteil von // | + | \\ |
+ | Der mittlere Endenergie-Leistungsbezug dieser Sektoren aus Erdgas lag demnach bei 128,54 GW. In den angegebenen Sektoren wird Erdgas nahezu ausschließlich für Heizung und Warmwasserbereitung verwendet. Gasherde, die von etwa 6% der Haushalte in Deutschland verwendet werden, verbrauchen mit rund 3,3 GWh/Tag nur rund 0,1% davon; der Gasverbrauch im Sektor Industriekunden enthält demgegenüber ebenfalls einen nennenswerten Anteil an Heizenergieanwendungen((vgl. dazu die Werte in Abb.5 im Anhang)) , wie aus dem Jahresgang dieses Sektors erkennbar ist; dieser liegt in der Höchstlastwoche in einem Bereich von mindestens weiteren 500 GWh/Tag. Diese beiden Korrekturen (Herde und Industriesektor) nehmen wir in die hier folgende Betrachtung nicht auf, so dass durch unsere Berechnungen der Gasverbrauch für Heizung und Warmwasserbereitung insgesamt noch etwas unterschätzt wird.\\ | ||
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+ | Nach der Publikation ‚Energiedaten‘ [Energiedaten] teilte sich der Energiebedarf für Raumwärme und Warmwasserbereitung im Jahr 2018 wie in Tabelle 1 auf die Endenergieträger auf. Dabei stellt Erdgas einen Anteil von // | ||
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+ | < | ||
+ | |Öl | 20,8%| | ||
+ | |Gas| 48,9%| | ||
+ | |Strom| | ||
+ | |Fernwärme| | ||
+ | |Kohle| | ||
+ | |Erneuerbare| | ||
+ | |Sonstige| | ||
- | < | + | Erdgaskessel im Bestand |
- | |Öl | 20, | + | \\ |
- | |Gas | 48, | + | $\displaystyle {P_{H \& W} = \frac {P_{Gas}\cdot \eta_K } { f_{Gas} }\;\;\;\;\; }$\\ |
- | |Strom | 4, | + | \\ |
- | |Fernwärme | 7,9%| | + | Setzen wir hier die Werte für den Gasbezug in Woche 6 des Jahres 2018, den Gasanteil dieser Versorgung und den angegebenen Kesselwirkungsgrad ein, so ergibt sich die((konservativ abgeschätzte)) |
- | |Kohle | 1,1%| | + | \\ |
- | |Erneuerbare | 16.2%| | + | $P_{H \& W;7}$ = 128,54 GW $\cdot$ 0,892 / 0,489 = 234,4 GW.\\ |
- | |Sonstige | 0.1%|\\ \\ \\ | + | |
- | Erdgaskessel im Bestand in Deutschland weisen jahresmittlere Kesselwirkungsgrade für Heizung und WW-Bereitung im Winter von rund $\eta_K$ = 89,2% auf (eigene Berechnung auf Basis [Wolff 2004])((Achtung: | ||
- | $\displaystyle {P_{H \& W} = \frac {P_{Gas}\cdot \eta_K } { f_{Gas} }\;\;\;\;\; }$\\ \\ | ||
- | Setzen wir hier die Werte für den Gasbezug in Woche 6 des Jahres 2018, den Gasanteil dieser Versorgung und den angegebenen Kesselwirkungsgrad ein, so ergibt sich die((konservativ abgeschätzte)) höchste 7-Tages-Mittelleistung an Wärmeleistungsbedarf $P_{H \& W;7}$ für Heizung und Warmwasserbereitung in Deutschland zu mindestens\\ \\ | ||
- | $P_{H \& W;7}$ = 128,54 GW $\cdot$ 0,892 / 0,489 = 234,4 GW. \\ \\ | ||
=====3. Zugehörige elektrische Last im Netz===== | =====3. Zugehörige elektrische Last im Netz===== | ||
Es muss nicht diese gesamte Leistung künftig durch Wärmepumpen ersetzt werden: Auch für die Fernwärmeversorgung ist ein zunehmender Anteil((heute noch rund 10%)) vorgesehen und einige der bestehenden Biomasse-Kessel, | Es muss nicht diese gesamte Leistung künftig durch Wärmepumpen ersetzt werden: Auch für die Fernwärmeversorgung ist ein zunehmender Anteil((heute noch rund 10%)) vorgesehen und einige der bestehenden Biomasse-Kessel, | ||
$P_{H \& W;HP;7}$ = 234,4 GW $\cdot $ 70% = 164,1 GW.\\ \\ | $P_{H \& W;HP;7}$ = 234,4 GW $\cdot $ 70% = 164,1 GW.\\ \\ | ||
- | Überwiegend wird es sich bei diesen Wärmepumpen um Außenluft-Wärmepumpen handeln((aus Kostengründen)). In der winterlichen Lastperiode schätzen wir die mittlere Arbeitszahl für Heizung und Warmwasserbereitung der Wärmepumpen mit $COP_7$ = 3 ab. Das ist auch für zukünftige Systeme eine optimistische Abschätzung: | + | Überwiegend wird es sich bei diesen Wärmepumpen um Außenluft-Wärmepumpen handeln((aus Kostengründen)). In der winterlichen Lastperiode schätzen wir die mittlere Arbeitszahl für Heizung und Warmwasserbereitung der Wärmepumpen mit $COP_7$ = 3 ab. Das ist auch für zukünftige Systeme eine optimistische Abschätzung: |
- | $\displaystyle { P_{el;WP} = \frac {P_{H \& W; | + | $\displaystyle { P_{el;HP} = \frac {P_{H \& W; |
- | Diese Leistung fällt durchschnittlich über die 7-Tages-Periode an – sie ist nicht mit der Höchstlast der Wärmepumpen zu verwechseln (die liegt höher, lässt sich aber innerhalb des 7-Tages-Zeitraums um einige Stunden verschieben). Da es sich um einen 7-Tages-Mittelwert handelt, lässt sich diese Leistung nicht in einen anderen Zeitraum verlagern, denn die Zeitkonstanten der nicht energetisch sanierten Gebäude reichen allenfalls für eine Speicherung über rund einen Tag – dann allerdings ist die entsprechende Energie am Folgetag zusätzlich wieder aufzubringen, | + | Diese Leistung fällt durchschnittlich über die 7-Tages-Periode an – sie ist nicht mit der Höchstlast der Wärmepumpen zu verwechseln (die liegt höher, lässt sich aber innerhalb des 7-Tages-Zeitraums um einige Stunden verschieben). Da es sich um einen 7-Tages-Mittelwert handelt, lässt sich diese Leistung nicht in einen anderen Zeitraum verlagern, denn die Zeitkonstanten der nicht energetisch sanierten Gebäude reichen allenfalls für eine Speicherung über rund einen Tag – dann allerdings ist die entsprechende Energie am Folgetag zusätzlich wieder aufzubringen, |
=====4. Zugehöriger Ausbaubedarf bei der verfügbaren Winterleistung===== | =====4. Zugehöriger Ausbaubedarf bei der verfügbaren Winterleistung===== | ||
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=====5. Zugehöriger Ausbaubedarf an erneuerbarer Energiegewinnung (insb. Windkraft)===== | =====5. Zugehöriger Ausbaubedarf an erneuerbarer Energiegewinnung (insb. Windkraft)===== | ||
- | Für die häufigeren Zeiträume mit Wärmepumpenlasten, | + | Für die häufigeren Zeiträume mit Wärmepumpenlasten, |
- | $P_{Wind} = P_{el;WP;KHP}$ / 0,36 = 36 GW$_{el}$ / 0,36 = 100 GW< | + | $P_{Wind} = P_{el;HP;KHP}$ / 0,36 = 36 GW$_{el}$ / 0,36 = 100 GW< |
- | Das ist das 1,45-fache der Ende 2023 insgesamt in Deutschland | + | Das ist das 1,45-fache der Ende 2023 insgesamt in Deutschland installierten Windkraftleistung((Onshore und Offshore; 69 GW gemäß [ISE 2024])). Diese Leistung kommt durch die Umstellung auf Wärmepumpen zu der für alle übrigen Anwendungen erforderlichen Ausbauleistung dazu. Wird der Ausbau über 25 Jahre gestreckt, so müssen zusätzlich jeweils rund 4 GW< |
=====6.Variante: | =====6.Variante: | ||
- | Durch die konsequente Anwendung energieeffizienter Bauteilsanierung zu allen bestehenden Anlässen, z.B. einem ohnehin-Fensteraustausch, | + | Durch die konsequente Anwendung energieeffizienter Bauteilsanierung zu allen bestehenden Anlässen, z.B. einem ohnehin-Fensteraustausch, |
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+ | =====7. Jahresenergiebedarf für Heizung und Warmwasser ===== | ||
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+ | An anderer Stelle hatten wir beriets den gesamten Endenergieaufwand für die Anwendungen Raumheizung und Warmwasserbereitung bestimmt (siehe [[/ | ||
+ | ^Jahreswerte ^ TWh/a ^ Anteil ^ | ||
+ | |Endenergie 2019 insgesamt | ||
+ | |davon Endenergie für Raumwärme | 662,7 | 26,6% | | ||
+ | |sowie Endenergie für Warmwasser | 131,1 | 5,3% | | ||
+ | | < | ||
+ | Insgesamt rund 32% des Endenergieverbrauchs in Deutschland dient der Erzeugung von Raumwärme und Warmwasser, dieser Anteil ist höher als jeder andere in der Energiebilanz, | ||
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+ | Für eine realistisch umsetzbare Wärmewende (= Umstellung von Heizung und Warmwasserbereitung auf erneuerbare Energie) ergeben sich aus der hier dargelegten Analyse folgende Voraussetzungen\\ | ||
+ | * Die weitgehende Umstellung auf elektrische Energie als Endenergiequelle für die Heizsysteme ist alternativlos. Die Basis dafür sind Wärmepumpen - direktelektrische Systeme haben einen weit zu hohen Leistungsbedarf. | ||
+ | * Der sich dadurch einstellende zusätzliche mittlere Leistungsbedarf im Stromnetz im Winter ist allerdings bedeutend. Daraus ergeben sich zwei weitere unverzichtbare Bestandteile für ein Gelingen dieser Umstellung | ||
+ | - Insbesondere die Windenergieerzeugung muss in deutlich höherem Umfang als bisher geplant hochgefahren werden. | ||
+ | - Der Wärmeleistungsbedarf der bestehenden Gebäude muss spürbar reduziert werden (mindestens um rund 50% im Durchschnitt). | ||
+ | |||
+ | Die angegebene Voraussetzungen sind innerhalb eines Zeitraums von rund 20 bis 30 Jahren realistisch umsetzbar - am Ende dieses Zeitraums liegt der CO< | ||
=====Quellen===== | =====Quellen===== |
grundlagen/energiewirtschaft_und_oekologie/zunahme_elektrische_last_durch_waermepumpen.1706302701.txt.gz · Zuletzt geändert: 2024/01/26 21:58 von wfeist