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grundlagen:nachhaltige_energieversorgung_mit_passivhaeusern:passivhaus_-_das_naechste_jahrzehnt:methodik

Methodik

Dieser Arbeit liegen drei Simulationsmodelle zu Grunde:

1. Eine energetische Gebäudesimulation, die den Endenergiebedarf für alle Haushaltsanwendungen zeitabhängig in Stundenauflösung bestimmt; verwendet wird dafür das umfassend an Felddaten evaluierte Programm Dynbil [Feist 1997] [Kaufmann/Feist 2001].

  • Heizung (Heiz), in der Regel mit einer elektrischen Wärmepumpe mit Außenluft als Wärmequelle und Wärmeabgabe über Flächenheizung
  • Falls erforderlich Kühlung (Kü), ebenfalls mit einer elektrischen Wärmepumpe und einer Bauteilkühlung bzw. Lüftkühlern,
  • Warmwasserbereitung (WW) ebenfalls mit Außenluftwärmequelle und
  • Haushaltsstrom inkl. Hilfsstrom (HH)

2. Eine Simulation für die primäre erneuerbare Strom-Erzeugung aus Photovoltaik (PV) sowie aus Windenergie (Wind). Dabei wird das jeweils zugehörige regionale Testreferenzjahr an Klimadaten wie bei der unter 1. genannten Gebäudesimulation zu Grunde gelegt1). Zur Verfügung stehen dabei die aktuellen deutschen Testreferenzjahre sowie IWEC-Daten von weltweit verteilten Standorten. Eine Grundlastbereitstellung über einen internationalen Stromverbund aus Wasserkraft wird zudem vorausgesetzt – für das deutsche Netz sind hier 10 % des Stromangebots ein adäquater Ansatz. Andere internationale Stromverbundkonzepte werden im Basisansatz zunächst nicht integriert (z.B. Projekte wie Desertec2)).

3. Ein vereinfachtes Netzmodell inkl. einer Kurzzeit-Speicherstruktur (z.B. realisierbar mit Pumpspeicherkraftwerken, es erfolgt hier jedoch keine Festlegung auf eine bestimmte Technologie) mit einem Gesamtwirkungsgrad von 70 % und einer Speicherkapazität von entsprechend der beim Anwender verfügbaren, jedoch mindestens 146 h in Bezug auf die jahresmittlere Leistung. Die Kapazität des Kurzzeit-Speichers wird in einer vorgeschalteten Simulation bzgl. des Kosten/Nutzen-Verhältnisses optimiert. Alle die Speicherkapazität überschreitende Primärstromerzeugung wird per H2-Elektrolyse und nachgeschalteter Methanisierung dem im Kapitel 1 beschriebenen EE-Speicher zugeführt. Das dort gespeicherte Methan kann verbrauchsstrukturgeregelt jeweils im Bedarfsfall rückverstromt werden bzw. direkt in Kraftwärmekopplung für die Fernwärmeerzeugung oder in individuellen Wärmeerzeugern (Umwandlungsaufwandszahl dann 1,75 kWh/kWh für das Methan) eingesetzt werden.
Netzmodell und Nutzungsmodell sind derart gekoppelt, dass zu jedem Zeitpunkt:

  • Der Gesamtbedarf des Nutzers ermittelt wird (in kW elektrischer Leistung; dabei können Direktstrom, Wärmepumpen und lokale Wärmespeicher z.B. für Trinkwarmwasser eingesetzt werden).
  • Prioritär der Bedarf aus den jeweils zeitgerecht verfügbaren erneuerbaren Primärstromerzeugern direkt gedeckt wird.
  • Sekundär die Leistung über die verfügbare Kurzzeit- und Medium-Speicherkapazität verfügbar gemacht wird, solange diese Speicher Leistung liefern können.
  • Tertiär der saisonale Speicher mobilisiert wird (Rückverstromung), wobei hier von einer unbegrenzten Verfügbarkeit ausgegangen wird. Die erforderliche Speicherkapazität wird als ein weiteres Maß für den Aufwand bei der Versorgungsstruktur bestimmt (mittlere Speicherzeit Tsai = Wa/Pav in kWh/kWav, Speicherkapazität in Bezug auf die jahresmittlere Anwendungsleistung Pav der Jahresarbeitsanforderung aus dem Speicher Wa).
  • Aus der Direktstromdeckung plus der Wiederaufladung des Mediumspeichers (inkl. Umwandlungsverluste) plus der im Jahresmittel balancierten erneuerbaren Erzeugung von EE-Methan3) ergibt sich die erforderliche Dimensionierung der Primärstromerzeuger. Deren Jahresprimärstromerzeugung EPE in kWhPER im Verhältnis zum in Frage stehenden Bedarf Qel ergibt den PER-Faktor für den jeweiligen Erzeugermix und die jeweilige Anwendung in kWhPER/kWh.


Siehe auch

Vorhergehende Abschnitt

Passivhaus – das nächste Jahrzehnt - Fragestellung, Konsequenzen und Perspektiven, Literatur

Nachfolgende Abschnitte

1)
Dass hier die gleichen Klimadaten verwendet werden ist wichtig: Dadurch wird sichergestellt, dass evtl. bestehende Korrelationen zwischen dem Zeitverlauf von Bedarf und Erzeugung korrekt abgebildet sind. Eine solche Korrelation ist augenscheinlich: Bei geringer Globalstrahlung ist sowohl die PV-Erzeugung reduziert als auch der solare Energieeintrag durch Fenster in die Gebäude; das wirkt sich günstig bzgl. solar versorgter Raumkühlung aber ungünstig auf das Heizen mit Sonnenenergie aus. Dies ist in einem solchen Modell korrekt dargestellt - umso wichtiger das Ergebnis, dass eine erneuerbare Versorgung auch im mitteleuropäischen Heizklima funktioniert.
2)
Solar erzeugte Energie aus ariden Gebieten kann die hier behandelte Aufgabe aus technischer Sicht erleichtern. Die zugehörigen Versorgungsvereinbarungen müssen dazu aber auf zuverlässigen zwischennationalen Verträgen beruhen, wie uns die Erfahrungen mit den Abhängigkeiten bei der fossilen Energie gelehrt haben sollten.
3)
Unter Einsatz von erneuerbarer Energie (EE) erzeugtes Methan; dies kann z.B. über den Zwischenschritt Wasserstoff H2 mit Hilfe des Sabatier-Prozesses gemacht werden. Diese Technologie ist altbekannt und lang erprobt, wird aber bisher (aus Kostengründen) noch nicht in großem Umfang eingesetzt. Die Fachwelt ist sich aber weitgehend einig, dass dies der erfolgsversprechendste Pfad für eine saisonale Speicherung von erneuerbarer Energie ist.
grundlagen/nachhaltige_energieversorgung_mit_passivhaeusern/passivhaus_-_das_naechste_jahrzehnt/methodik.txt · Zuletzt geändert: 2022/04/07 20:26 von wfeist