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grundlagen:passivhaeuser_in_verschiedenen_klimazonen:passivhaeuser_in_neuseeland:das_passivhaus_in_neuseeland:lueftung

Im Auftrag der School of Architecture and Planning, The University of Auckland.
Finanziert durch NICAI Faculty Research Development Fund.

Januar 2010; Author: Jessica Grove-Smith, Jürgen Schnieders Korrigierte Version November 2011

Zum Anfang der Studie: Planungsgrundlagen für Passivhäuser in Neuseeland

Das Passivhaus in Neuseeland - Lüftung

Bei erfolgreich reduzierten Transmissionsverlusten durch einen verbesserten Wärmeschutz gewinnen die Lüftungsverluste zunehmend an Relevanz in der Energiebilanz. Es gilt also auch diese zu reduzieren.

Ein Passivhaus zeichnet sich aber nicht nur durch den geringen Energieverbrauch aus, sondern auch durch das sehr gute Wohnklima. Es wird ein hoher thermischer Komfort gewährleistet und eine hervorragende Luftqualität, welche über eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung sichergestellt wird.

Wärmerückgewinnung

In kühlen Klimata ist eine Ausstattung der Lüftungsanlage mit einem hoch effizienten Wärmetauscher unumgänglich um die Lüftungswärmeverluste zu minimieren. Die auf diesem Wege erzielte passive Wärmerückgewinnung bildet einen essentiellen Bestandteil des Passivhauskonzeptes, da sie eine bedeutende Heizenergieeinsparung mit sich bringt und den Komfort der Bewohner erhöht.

Die Bedeutung einer effizienten Wärmerückgewinnung für den Heizwärmebedarf des Beispielgebäudes im Klima von Neuseeland ist in Abbildung 8 grafisch dargestellt. Unter den klimatischen Randbedingungen von Christchurch und Wellington können mit einem Wärmebereitstellungsgrad von 85 %, ca. 20 kWh/(m²a) (58 %) bzw. etwa 16 kWh/(m²a) (55 %) Heizwärme eingespart werden. Die Lufttemperatur in Auckland liegt auch im Winter etwas höher als an den anderen beiden Standorten, wodurch die Lüftungswärmeverluste geringer und das Einsparungspotential durch Einsatz einer Wärmerückgewinnung kleiner sind. Im Falle des Referenzgebäudes liegt die Heizwärmebedarfseinsparung bei ca. 11 kWh/(m²a) (45 %).

Abbildung 8: Die Auswirkung einer Wärmerückgewinnung an allen drei untersuchten Standorten.


Bei den vergleichbar niedrigen Dämmstärken in Auckland stellt sich nun die Frage ob es überhaupt notwendig ist eine Lüftungsanlage mit hoch effizienter Wärmerückgewinnung einzusetzen oder ob die Lüftungswärmeverluste auch z.B. durch höhere Dämmstärken kompensiert werden können. Mit beiden Ansätzen kann das Passivhauskriterium, Heizwärmebedarf ≤ 15 kWh/(m²a), prinzipiell erreicht werden, jedoch zu unterschiedlichen Mehrkosten und zu einem unterschiedlichen Wohnkomfort. In Tabelle 5 sind die theoretisch erforderlichen Dämmstärken bei Belüftung mit und ohne Wärmerückgewinnung gegenübergestellt. Für die Sicherstellung einer hygienischen Luftqualität muss das Gebäude in jedem Fall ausreichend belüftet werden. Eine Belüftung nur über die Fenster ist aus verschiedenen Gründen im Allgemeinen nicht komfortabel und auch nicht ausreichend [Schnieders 2003-b], weshalb für das Gebäude dringend eine mechanische Belüftung empfohlen wird. Den vorliegenden Berechnungen liegt ein entsprechender Luftwechsel zugrunde.

Mit WärmerückgewinnungOhne Wämerückgewinnung
Dämmstärke Wand
[cm]
610
U-Wert Wand
[W/(m²K)]
0,4490,291
Dämmstärke Dach
[cm]
615
U-Wert Dach
[W/(m²K)]
0,4150,201
Dämmstärke Keller
[cm]
26
U-Wert Keller
[W/(m²K)]
0,7980,417
Heizwärmebedarf
[kWh/(m²a)]
12.712.1
Heizleistung
[W/m²]
9.49.4
Übertemperaturhäufigkeit0%0%
Tabelle 5: Erforderliche Dämmstärken um im Klima von Auckland mit einer balancierten
Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung (Referenz-Passivhaus) oder ohne.


Aus Komfortgründen sollte die Temperatur der Zuluft, die in die Wohnräume eingeblasen wird, mindestens 16,5 °C betragen [Feist 1999-b], u.a. um Zuglufterscheinungen auszuschließen. In Abbildung 9 sind die Verläufe der Zulufttemperatur mit und ohne Wärmerückgewinnung dargestellt, hier sind insbesondere im Winter erhebliche Abweichungen zu erkennen. Mit Wärmerückgewinnung liegt die Lufttemperatur im Winter beim Austritt des Wärmetauschers im komfortablen Bereich bei mindestens 19 °C; während sie ganz ohne Wärmetauscher dem Verlauf der Außenlufttemperatur folgt, die im Stundendurchschnitt auch mal bis auf 2,3 °C absinkt. Eine Erwärmung dieser Zuluft ist in jedem Fall erforderlich bevor sie die Bewohner erreicht – dies kann durch eine aktive Nachheizung erfolgen oder über Wärmeaufnahme durch Lüftungskanäle, die in warmen Räumen verlaufen.

Mit einer reinen Abluftanlage ohne Luftführungskanäle kann, im Vergleich zu einer Lüftungsanlage mit balancierter geregelter Zu- und Abluft, der Luftwechsel nicht im gleichen Maße sichergestellt und die Filterung der Frischluft nur bedingt realisiert werden. Zusätzlich entfällt hier die Möglichkeit einer komfortablen Raumbeheizung über die Zuluft, es müsste also in jedem Fall ein alternatives Heizsystem installiert werden, dass die gesamte benötigte Heizleistung abdeckt und adäquat im Gebäude verteilt. Die Erwärmung der Zuluft auf 16,5 °C gestaltet sich auch schwierig, so dass eine solche reine Abluftanlage in einem Neubau kaum empfehlenswert ist.

Abbildung 9: Verlauf der Zulufttemperatur mit Wärmerückgewinnung und ohne (Stundenmittelwerte).
(Wärmeabgaben des Ventilators sind hier nicht berücksichtigt.)


Die Fragestellung was für eine Lüftungsanlage im Einzelfall sinnvoll ist um den niedrigen Energiebedarf eines Passivhauses zu erreichen hängt von den Randbedingungen ab und ist letztendlich eine Kosten- und Komfortfrage. Die Lüftungswärmeverluste könnten in Prinzip auch an anderer Stelle kompensiert werden. Als Referenzobjekt für die weitere Auswertung wurde das Beispielgebäude im Rahmen dieser Studie für alle drei Standorte mit einer hoch effizienten Wärmerückgewinnung simuliert. Eine Alternative wäre womöglich der Einsatz eines günstigeren Gerätes mit einem etwas niedrigeren Wärmebereitstellungsgrad, insbesondere in Auckland.

Luftdichtheit

Zusätzlich zur Wärmerückgewinnung, spielt die Luftdichtheit der Gebäudehülle eine wesentliche Rolle für die Energieeinsparung zur Beheizung. Für eine effiziente und effektive Nutzung der Lüftungsanlage ist eine gute Luftdichtheit der Gebäudehülle zwingend notwendig, damit die Raumluft kontrolliert über die Wärmerückgewinnung geführt und nicht bedingt durch Infiltration direkt mit der Außenluft ausgetauscht wird.

Die Auswirkung der Luftdichtheit auf den Heizwärmebedarf in den drei untersuchten neuseeländischen Klimata ist in Abbildung 10 dargestellt; Das lineare Einsparpotential durch niedrige n50-Werte ist unverkennbar. Wie zu erwarten ist der Effekt in Christchurch bedingt durch die kälteren Außenlufttemperaturen, am größten. Die Simulationsergebnisse und praktische Erfahrungen zeigen, dass auch die Heizleistung in einem ähnlichen linearen Verhältnis mit der Luftdichtheit steht (Abbildung 11). Auch für den Sommerkomfort (Übertemperaturhäufigkeit) steht die kontrollierte Belüftung über die Lüftungsanlage mit zusätzlicher Nachtkühlung über gekippte Fenster im Vorteil gegenüber den unkontrollierbaren Einflüssen der Infiltration bei höheren n50 Werten.

Abbildung 10: Auswirkung der Luftdichtheit auf den Heizwärmebedarf.


Abbildung 11: Auswirkung der Luftdichtheit auf die höchste tagesmittlere Heizleistung.


Im Simulationsmodell wurde für alle Passivhaus-Varianten eine Infiltrationsrate von 0,042 h-1 angesetzt, dies entspricht dem Passivhausgrenzkriterium der Luftdichtheit mit einem n50-Wert von 0,6 h-1. Bei Einfamilienhäusern ist es durchaus möglich ohne großen Arbeits- und Kostenaufwand auch bessere Werte zu erreichen, wie bei zahlreichen realisierten Projekten bereits gezeigt wurde.

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