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Passivhaus-Schulen

Hochfrequentierte Eingangsbereiche

Einleitung

Eingangsbereiche von Selbstbedienungsmärkten (SB-Märkten), Einzelhandelsgeschäften, Hotels und auch Krankenhäusern sind in der Regel hochfrequentiert. Bei geöffneten Eingängen stellt sich in der Heizzeit ein erheblicher Infiltrationsluftwechsel ein. Dieser ist von der Temperaturdifferenz gegenüber außen und von den Windverhältnissen abhängig. Zudem spielen die Nutzungsintensität, also die absoluten Öffnungsdauern und die bauliche Lösung des Eingangs eine wichtige Rolle. Größere Eingangsbereiche, größere Temperaturunterschiede zwischen innen und außen oder längere Öffnungsdauern erhöhen den, mit dem Öffnungsereignis verbundenen, Luftaustausch.

Die kalte Luft im Eingangsbereich und Zugerscheinungen können die Behaglichkeit dort empfindlich stören. Je länger die Türen geöffnet sind, desto weiter dringt die kalte Luft im Winter in den Verkaufsbereich ein. Vor allem ist das Personal hierbei betroffen, da es sich dauerhaft in diesen Räumen aufhält und oftmals lediglich für Innenräume angemessen gekleidet ist. Kassen oder Schalter im Bereich der Eingänge sind besonders kritisch. Eine weitere Folge sind z.T. erhebliche Wärmeverluste über den Eingang im Winter. Im Sommer führt der Luftaustausch hingegen zu Wärme- und ggf. Feuchteeinträgen, welche ebenfalls den Energiebedarf – im Sommer für Klimatisierung - erhöhen.

Durch die Gestaltung der Eingangslösung müssen ganz unterschiedliche und z.T. konträre Anforderungen erfüllt werden. Bei Verkaufsstätten hat der ungehinderte Kundenzugang eine zentrale Bedeutung. Ein möglichst offener, einladender Zugang soll möglichst viele Kunden anziehen. Zudem befinden sich in SB-Märkten oftmals die Kassen im Eingangsbereich. Die Sicherstellung der Behaglichkeit auch für hochfrequentierte Eingänge ist daher eine weitere wichtige Anforderung. Und schließlich sollten die Wärmeverluste und der damit verbundene Energiebedarf vor allem bei energieeffizienten Gebäuden gering gehalten werden.

In diesem Artikel werden unterschiedliche Eingangslösungen anhand von Berechnungsansätzen aus der Literatur und eigenen Messungen energetisch bewertet. Zudem werden die wesentlichen Einflussgrößen für den Luftaustausch und den damit verbundenen Energiebedarf diskutiert.

Weiterführende Abschnitte für Mitglieder der IG Passivhaus

Zusammenfassung

Bei hochfrequentierten Eingängen kann die Infiltration hohe Werte annehmen, welche in der Heizzeit die Wärmeverluste empfindlich erhöhen und zudem den Komfort in Eingangsnähe stark beeinträchtigen. In diesem Artikel wurden Verfahren zur Abschätzung des Luftaustauschs und der Wärmeverluste durch den Eingang vorgestellt.

Umfangreiche Datensätze zu Türöffnungsdauern und der von der Eingangsgröße und den Druckverhältnissen abhängigen Infiltration wurden in einer nord-amerikanischen Studie [Yuill et al. 2000] bestimmt. Vergleiche dieser Berechnungsansätze mit eigenen Feldmessungen und weiteren Literaturquellen zeigen eine gute Übereinstimmung und stützen die Annahme, dass die Ansätze auch auf Eingangsbereiche in Deutschland anwendbar sind.

Mit den physikalischen Grundlagen zum natürlichen Luftaustausch durch Gebäudeöffnungen konnten die ersten Empfehlungen abgeleitet werden:

  • Eingänge sollten möglichst klein und vor allem nicht unnötig hoch ausgeführt werden. Die Anordnung von Eingängen an windexponierten Lagen, z. B. an Gebäudekanten, sollte vermieden werden.
  • Eine gute Luftdichtheit, wie sie für Passivhaus-Gebäude empfohlen wird, ist grundlegend zur Verringerung der Infiltration über Eingangsbereiche. Dies gilt im Besonderen für mehrgeschossige Gebäude.

Eingangsbereiche mit Türschleusen (Windfängen) verringern nach [Yuill et al. 2000] den Luftaustausch gegenüber Lösungen ohne Schleuse um rund 30 %. Automatische Schiebetüren schließen schneller als Standardtüren (aufdrehend) mit Antrieb und reduzieren hierdurch die Infiltration weiter. Bei intensiver Nutzung des Eingangs treten zunehmend mehrere Personen je Öffnungsereignis durch den Eingang. Die Infiltration nimmt daher unterproportional zur Nutzeranzahl zu.

Jeder Kunde verursacht zweimal, beim Ein- als auch beim Austreten, einen Luftaustausch. Mit jedem Kunden gelangen etwa 4 bis 8 m³ Frischluft in die Verkaufsstätte. Die ausgetauschten Frischluftmengen legen die Vermutung nahe, dass bei durchschnittlichen Aufenthaltsdauern von 15 bis 25 Minuten die Kunden selbst für genügende Frischluft sorgen. Dies deckt sich mit Erfahrungen aus Verkaufsstätten mit CO2-geführten Lüftungsanlagen. Im Winter konnte der Außenluftanteil dort auf nahe Null zurückgefahren werden.

Karusselltüren können bei geeignetem Betrieb – Drehung nur bei Bedarf – die Infiltration durch den Eingang erheblich verringern. Die Türsegmente fördern hierbei pumpenähnliche Außenluft nach innen und umgekehrt. In Verkaufsstätten müssen die Segmente der Karusselltür ausreichend groß für den Einkauf z. B. mit Einkaufswagen sein. Gebräuchliche Durchmesser liegen um 4 m, während z. B. bei Schiebetüranlagen geringere Breiten für das Passieren mit Einkäufen ausreichend sind. Da der Luftaustausch bei Trommeltüren mit dem Quadrat des Radius zunimmt (vgl. [van Schijndel et al. 2003]), führt sogar eine Türanlage ohne Türschleuse auf eine deutliche geringere Infiltration. Im Unterschied zu den zuvor diskutierten Eingangskonzepten, ist die Funktion von Karusselltüren nahezu unabhängig von der Luftdichtheit der Gebäudehülle. Bei nur mäßig luftdichten Gebäuden, wie sie hier nicht betrachtet wurden, oder mehreren Eingängen können Karusselltüren hingegen sinnvoll sein. Die Türen sollten nicht durchgängig drehend, sondern – nur bei Bedarf drehend – betrieben werden.

Bei Türluftschleiern wird ein warmer Luftstrahl nahezu senkrecht zur Durchgangsrichtung eingebracht. Eindringende kalte Außenluft wird durch den Luftstrahl wieder nach außen abgelenkt. Für die Funktion von Luftschleiern sind die korrekte Einstellung und Anordnung entscheidend. Hat z. B. ein von oben einblasender Luftstrahl nicht ausreichend Impuls, dann gelangt er nicht bis zum Boden und bodennah kann Außenluft eindringen. Vergleichbare Folgen stellen sich ein, wenn der Luftstrahl durch Windanfall nach innen abgelenkt wird. Bei Luftschleiern ist zudem eine gute Luftdichtheit der Gebäudehülle wichtig. Wird ein korrekter Betrieb angenommen, dann kann die Infiltration durch Türluftschleier erheblich verringert werden (50 bis 60 %). Aus Gründen der Behaglichkeit müssen die Luftschleier beheizt werden. Zusätzlich erfordert der Luftstrahl Antriebsenergie. Die Ergebnisse zeigen, dass Konzepte mit Luftschleier daher vermutlich nur wenig oder gar keine Primärenergie einsparen. Die Infiltration am Eingang und die damit verbundenen Komforteinbußen können hingegen mit diesem Konzept deutlich reduziert werden. Türluftschleier sollten bei geschlossenen Türanlagen abschalten.

Die Infiltration durch den Eingang verursacht im Winter nicht nur zusätzliche Wärmeverluste, sondern schränkt insbesondere die Behaglichkeit im Bereich des Eingangs erheblich ein. Grundsätzlich verbessern Maßnahmen, welche die Infiltration durch den Eingang verringern, auch den Komfort im Eingangsbereich. Bei stark frequentierten Eingängen sollten Türluftschleier als zusätzliche Maßnahme zu Türanlagen eingesetzt werden. Sie verringern das Eindringen von kalter Außenluft und erwärmen gleichzeitig mit dem warmen Luftstrahl eindringende Außenluft.

Informationsschalter oder Kassen im Eingangsbereich sollten durch Brüstungen gegen den Eingangsbereich abgeschirmt werden. Diese Aufenthaltsbereiche müssen in der Regel zusätzlich beheizt werden. Arbeitsplätze sollten mit ausreichend Abstand zum Eingang angeordnet werden.

Neben der baulichen Lösung der Türanlage, ist auch die Organisation des Eingangsbereichs von Bedeutung. Unnötige Verzögerungen im Eingang sollten dringend vermieden werden. Attraktionen, Auslagen, Einkaufswagen oder Kundentoiletten sollten mit ausreichend Abstand zum Eingang angeordnet werden. Verzögerungen im Eingang durch Schlangenbildung und Fehlauslösungen können die Türöffnungsdauern leicht verdoppeln.

Literatur

[AkkP 22] Lüftungsstrategien für den Sommer, Protokollband Nr. 22 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser, Phase III, Passivhaus Institut, Darmstadt 2003.

[Energieberatung Zürich / BfE 1998] Merkblatt: Gebäudeeingänge mit grossem Publikumsverkehr, Züricher Energieberatung / Bundesamt für Energie 1998.

[Kah/Pfluger 2007] O. Kah, R. Pfluger, Luftaustausch und energetische Auswirkung von Türöffnungsvorgängen im Eingangsbereich einer Schule, 11. Internationale Passivhaustagung, Bregenz, Passivhaus Institut 2007.

[Peper et al. 2007] S. Peper, O. Kah, R. Pfluger, J. Schnieders: „Passivhaus-Schulen Frankfurt Riedberg Messtechnische Untersuchung und Analyse“, Passivhaus Institut, 2007

[Schälin 1998] A. Schälin, Gebäudeeingänge mit grossem Publikumsverkehr, Studie im Auftrag der Zürcher Energieberatung mit Unterstützung der Energiefachstelle des Kantons Zürich und des Bundesamtes für Energie, AFC, Zürich 1998.

[Siren 2003] K. Siren, Technical dimensioning of a vertically upwards-blowing air curtain, Energy and Buildings 35 (2003) 697–705 / 681–695.

[van Schijndel et al. 2003] H. Schijndel, R. Zmeureanu, T. Stathopoulos, Simulation of Air Infiltration Through Revolving Doors, 8. IBPSA Conference, Eindhoven 2003.

[Wilson/Kiel 1990] D.J. Wilson, D.E. Kiel, Gravity Driven Counterflow Through an Open Door in a Sealed Room, Building and Environment, Vol. 25, No. 4, pp. 379-388. 199

[Yuill et al. 2000] G.K. Yuill, R. Upham, C. Hui, Air Leakage Through Automatic Doors, ASHRAE Transactions 106(2): 145-160, 2000.

Siehe auch

planung/passivhaus_nichtwohngebaeude/passivhaus_verkaufsstaetten/hochfrequentierte_eingangsbereiche.txt · Zuletzt geändert: 2021/11/23 15:45 von yaling.hsiao@passiv.de