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Austausch der Fenster bei der schrittweise durchgeführten Altbausanierung


Die Eigenschaften der Gebäudehülle haben nicht nur großen Einfluss auf den Energieverbrauch und die zur Beheizung des Gebäudes notwendige Heizlast, sondern sie bestimmen auch das Wohnklima. Insbesondere ist eine hohe Behaglichkeit nur mit sehr gut wärmegedämmten Außenbauteilen zu erreichen, Abbildung 1.

Abbildung 1: Gut gedämmte Außenbauteile, insbesondere hochwertige Fenster sind wichtig für die Wohnqualität bei Neubau und Altbausanierung. [AKKP 24, AKKP37]


Die Anwendung der grundlegenden Prinzipien und die Verwendung von Passivhauskomponenten wurden bereits in [AKKP 24] eingehend diskutiert. Zeno Bastian hat in seinem Beitrag zu diesem Protokollband die Schritt-für-Schritt-Methode bei der Altbausanierung an einem Beispielgebäude im Überblick dargestellt.

In diesem Beitrag sollen einige Vorschläge zu Detaillösungen bei der Fenstereinbausituation gegeben werden. Zentrale Fragestellung hierbei: Wie ist es möglich, einen nicht ganz optimalen Zwischenzustand herzustellen, der trotzdem garantiert, dass wichtige Grenzwerte für die wesentlichen bauphysikalischen Parameter eingehalten werden. Insbesondere die Oberflächentemperaturen an den Innenoberflächen der Fenster und der angrenzenden Wandbereiche dürfen nicht wesentlich unter 13 °C fallen [AKKP24], um ein Schimmelrisiko sicher ausschließen zu können.

In Abbildung 2 ist die für Neubau und für die Altbausanierung optimale Fenstereinbausituation dargestellt. Für die aktuelle Fragestellung stellt dies den wünschenswerten endgültigen Zustand dar: Das Fenster sitzt vor dem Mauerwerk, also vollständig in der Dämmebene, so dass die Wärmebrückeneffekte beim Einbau weitgehend minimiert werden können [AKKP 37].

Abbildung 2: optimale Einbausituation des Fensters im Passivhaus, Neubau wie auch Altbausanierung, siehe auch AKKP 37.


Ein architektonischer Effekt sei an dieser Stelle nebenbei erwähnt: Wenn das Fenster in die Dämmebene nach außen gerückt wird, ergibt sich für den Bewohner auf der Innenseite ein zusätzlicher Wohnraum, der im Allgemeinen gerne akzeptiert wird, Abbildung 3. Dieser Effekt wurde in den 1960er Jahren für einzelne 'Panorama-Fenster' mit extra tiefen nach außen verlängerten Laibungen aus Stein erreicht, die es erlaubten, das Fenster nach außen zu verschieben, um Platz für Pflanzen etc. zu bekommen. Allerdings waren die damit verbundenen Wärmebrückeneffekte erheblich.

Abbildung 3: Das gut gedämmte Fenster rückt in die Dämmebene nach außen. Damit wird innen eine tiefere Fensterbank und mithin zusätzlicher Wohnraum geschaffen. Das außenseitige Öffnungsverhältnis des Fensters ist damit fast dasselbe wie vor der Sanierung (links). Dieser Effekt wurde in den 1960er Jahren für einzelne 'Panorama-Fenster' mit extra tiefen nach außen verlängerten Laibungen aus Stein erreicht. Diese Fensterlaibungen verursachten allerdings erhebliche Wärmebrückeneffekte (rechts).


Ein weiterer Aspekt ist die Laibungstiefe bei Fensteröffnungen, wenn außenseitig die Dämmstärke sehr groß wird. Ab Dämmstärken von 15 cm wird die außenseitige Laibungstiefe bei einem Fenster, das am alten Platz – mittig im Mauerwerk – belassen wird, so groß, dass sie von den Bewohnern als unangenehm empfunden wird, „Schießscharteneffekt“. Wie man in Abbildung 3 links oben erkennt, kann dieser Effekt gerade dadurch vermieden werden, dass das Fenster mit der neuen Dämmung nach außen geschoben wird. Damit wird das äußere Öffnungsverhältnis (Laibungstiefe / Fensteröffnung) vergleichbar zu der Situation ohne Wärmedämmung.

Schritt-für-Schritt-Methode beim Fenstertausch

Bei einem Vorgehen in mehreren Einzelschritten wird entweder zuerst die Außenwanddämmung realisiert und Jahre später erst das Fenster ausgetauscht, Abbildung 4, oder es wer-den umgekehrt zuerst die Fenster getauscht und Jahre später erst die zusätzliche Außenwanddämmung angebracht, Abbildung 5 und Abbildung 6.

In beiden Fällen muss ein Zwischenzustand hergestellt werden, der es erlaubt die Gebäudehülle an dieser Stelle sicher gegen Witterungseinflüsse zu schützen. Wie aus den Abbildungen hervorgeht, ist der Aufwand für die Herstellung des Zwischenzustands zum Teil erheblich und Bauteile des Zwischenzustands müssen später teil-weise wieder abgebaut werden.

Abbildung 4: Übersicht der Bauzustände der Fensteröffnung bei der schrittweise durchgeführten Altbausanierung: Zuerst wird die Wanddämmung realisiert, erst später wird das Fenster erneuert. _Hinweis:_ Der Aufwand für die Herstellung des Zwischenzustands ist erheblich.


Insbesondere wenn zuerst die Außenwanddämmung realisiert wird und das alte Fenster noch jahrelang genutzt werden soll, muss der finanzielle Aufwand für die Herstellung des Zwischenzustands gegenüber dem potentiellen Restwert des alten Fensters abgewogen werden. So kann entschieden werden, ob das Vorgehen in Einzelschritten auch wirtschaftlich sinnvoll ist, oder ob es günstiger ist beide Maßnahmen zusammen in einem Zuge durchzuführen. Diese Wirtschaftlichkeitsanalyse wird im Beitrag von Oliver Kah in diesem Protokollband vorgestellt.

Abbildung 5: Übersicht der Bauzustände der Fensteröffnung bei der schrittweise durchgeführten Altbausanierung: Zuerst das neue Fenster, erst später wird die Außenwanddämmung realisiert. Zwischenzustand: Übersicht über die verschiedenen möglichen Fensterpositionen.


Abbildung 6: Übersicht der Bauzustände der Fensteröffnung bei der schrittweise durchgeführten Altbausanierung: Zuerst das neue Fenster, erst später wird die Außenwanddämmung realisiert. Endzustand: Übersicht über die verschiedenen möglichen Fensterpositionen.


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Fazit: der Zwischenzustand bleibt kritisch

Wird zuerst das Fenster erneuert und erst Jahre später die Außenwanddämmung realisiert, dann bleibt bei allen drei Fensterpositionen der Zwischenzustand sowohl aus bauphysikalischer Sicht (Oberflächentemperaturen) aber auch aufgrund der hohen Wärmeverluste wegen der fehlenden Überdämmung kritisch. Die Lösung (1), Abbildung 14, scheidet ganz aus, weil sie erheblich zu niedrige Oberflächentemperaturen zeigt. Die Lösung (3) hat den besten Endzustand, Abbildung 19, der Zwischenzustand ist dabei aber relativ aufwendig und damit teuer, Abbildung 18. Außerdem stellt die stark exponierte Fensterposition während des Zwischenzustands gestalterisch ein Provisorium dar, das eher auffällig ist und daher vermutlich nicht immer akzeptiert werden wird.

Die hier vorgestellte Analyse zeigt, dass bei der Sanierung die Außenwanddämmung und der Austausch der Fenster sehr eng miteinander verzahnt sind. Befriedigende Zwischenzustände herzustellen ist prinzipiell möglich und in jedem Fall wesentlich besser als die Bestandssituation zu belassen. Dies bedeutet aber mitunter einen im Vergleich zu anderen Bauteilanschlüssen (z.B. Dach−Außenwand) höheren baulichen Aufwand. Der finanzielle bzw. bauliche Aufwand für den Zwischenzustand, die zusätzlichen Wärmeverluste während dieser Zeit und der Aufwand für den teilweisen Rückbau sollten möglichst genau analysiert werden. Nur so kann entschieden werden, ob die Aufnahme von zusätzlichen Kreditmitteln zur Durchführung der Maßnahmen in einem Zuge mit der damit verbundenen höheren Zinsbelastung nicht doch die günstigere Vorgehensweise darstellt [Kah / Feist 2008].

Literatur

[AKKP 24] Feist, W. (Hrsg.): Einsatz von Passivhauskomponenten für die Altbausanierung, Passivhaus Institut, Darmstadt, Arbeitskreis kostengünstige Passivhäuser, Protokollband Nr. 24, 1. Auflage 2003

[AKKP 37] Feist, W. (Hrsg.): Optimierungsstrategien für Fensterbauart und Solarapertur […], Protokollband Nr. 37, Arbeitskreis kostengünstige Passivhäuser Phase IV, Darmstadt, 1. Auflage 2008.

[Feist 2007] Feist, W. (Hrsg.): Passivhäuser in der Praxis. In: Fouad, Nabil A. (Hrsg.): Bauphysik-Kalender 2007. Ernst & Sohn, Berlin, 2007.

[Kah / Feist 2008] BMVBS / BBR (Hrsg.): Bewertung energetischer Anforderungen im Lichte steigender Energiepreise für die EnEV und die KfW-Förderung, BBR-Online-Publikation 18/2008. urn:nbn:de:0093-ON1808R222

[Kaufmann / Peper / Pfluger / Feist 2009] Kaufmann, B.; Peper, S.; Pfluger, R.; Feist, W.: Sanierung mit Passivhauskomponenten, Planungsbegleitende Beratung und Qualitätssicherung Tevesstraße Frankfurt a.M., Im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, Wiesbaden, Darmstadt Februar 2009

[Peper / Feist 2009] Peper, S.; Feist, W.: Gebäudesanierung „Passivhaus im Be-stand“ in Ludwigshafen / Mundenheim, Messung und Beurteilung der energetischen Sanierungserfolge, Darmstadt, 2009. Download unter: www.passiv.de

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