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Reduzierung der Wärmeverluste

Die Verbesserung der Wärmedämmung hat die Verringerung der Wärmeverluste als ein wesentliches Ziel. Die gesamten Transmissionswärmeverluste lassen sich durch den spezifischen Transmissionswärmeverlust HT charakterisieren, der sowohl die Regelverluste über die Bauteilflächen als auch die Wärmebrückenverluste aufnimmt:

$$ \Large{H_T = \sum {U_i \cdot A_i} + \sum {\Psi_j \cdot l_i}} $$

Dabei sind die Uj die U-Werte der Regelbauteile mit den Flächen Aj und die Ψj die Wärmebrückenverlustkoeffizienten der linienförmigen Wärmebrücken mit zugehörigen Ausdehnungen lj .

Vermeidung von Schimmelpilzbefall

Bei der Modernisierung von Altbauten steht vor allem die Sanierung aufgetretener Schäden sowie die Vermeidung und Vorbeugung gegenüber künftigen Schäden im Mittelpunkt. Vor allem der Pilzbefall kann eine schwerwiegende Gefährdung der Bausubstanz darstellen. Hierbei sind unterschiedliche Arten beteiligt, eine Grundbedingung muss jedoch immer erfüllt sein, damit Pilzsporen auskeimen und Pilzmyzele wachsen können: Es muss ausreichend Feuchtigkeit zur Verfügung stehen. Auf wirklich trockenem Substrat treten Pilzschäden nicht auf. Wie hoch darf die Feuchtigkeit maximal sein, wenn Pilzwachstum vermieden werden soll? Dazu gibt es eine veraltete und eine neueren Erkenntnissen entsprechende Aussage:

veraltet: vermeide Tauwasserbildung
neu: Schimmel kann auch schon mit nur kapillar gebundenem Wasser auskeimen und wachsen.

Umfassende Untersuchungen dazu wurden von Sedlbauer am Fraunhofer Institut für Bauphysik durchgeführt und publiziert [Sedlbauer 2002]. Danach sind die Sporbildung und ein evtl. Myzelwachstum abhängig vom Medium, der Wasseraktivität (messbar als rel. Luftfeuchte eines Luftraums, der im hygrischen Gleichgewicht steht mit dem Medium) und der Temperatur. In der angegebenen Literatur finden sich grafisch aufgearbeitete Daten für alle wesentlichen Randbedingungen. Für die weitere Betrachtung werden Vereinfachungen auf der sicheren Seite vorgenommen: Zunächst kann man bzgl. des Mediums bei „bautypischen Medien“: Tapeten, Gipskarton,… oder verschmutzte Oberflächen (Putze, miner. Baustoffe,…) nahezu generell von „biologisch gut verwertbaren Substraten“ ausgehen. Rein mineralische Oberflächen dauerhaft so sauber zu halten, dass sie in die weniger gefährdete Kategorie zu zählen wären, ist zumindest über mehrere Jahrzehnte kaum aufrecht zu erhalten – zumal sogar davon auszugehen ist, dass herkömmliche Reinigungsmethoden organisch verwertbares Material möglicherweise erst aufbringen können.

Bei niedrigeren Temperaturen keimen die Sporen und wachsen die Myzele nicht mehr so gut. Dies kann genauer in einem Isoplethendiagramm verfolgt werden. Die Abhängigkeit von der Temperatur ist aber im hier interessierenden Bereich nicht sehr hoch, so dass zur Vereinfachung in der Normung und in guter Näherung folgende Bedingung angesetzt werden kann:

Sporkeimung und Wachstum kann ab einer Wasseraktivität aw > 80% auftreten. Diese Wasseraktivität steht im Gleichgewicht mit der relativen Feuchte an der Oberfläche des betreffenden Bauteils:

$$ \Large{\varphi_{Ober} > 80 \%} $$

I.a. wird von folgenden Randbedingungen ausgegangen:

  • Raumluftfeuchtigkeit $ \large{\varphi_i} $ = 50% (Lüftung!)
  • Raumlufttemperatur $ \large{\vartheta_i} $ = 20°C
  • Außenlufttemperatur $ \large{\vartheta_a} $ = -5°C


Daraus lässt sich für verschiedene Oberflächentemperaturen $ \vartheta_si $ die relative Feuchte an der Oberfläche berechnen: $$ \Large{\varphi = (((109,8°C+ \vartheta_i )/(109,8°C+ \vartheta_si ))^{8,02}) \cdot 0,5} $$

Das Ergebnis ist in Abb. 3 gezeigt. Es gibt nun zwei „kritische Temperaturwerte“, die man sich leicht merken kann:
I) Die Grenze für Tauwasserbildung an nicht kapillar aktiven Oberflächen, die bei einer Temperatur von 9,3°C vorliegt.
II) die minimale zulässige Oberflächentemperatur zur sicheren Vermeidung von Schimmelwachstum auf kapillar aktiven Oberflächen:

$\Large{ \vartheta_{Ober, min} \ge 12,6 ^\circ C} $ [schimmelfrei].

Abb. 3: Abhängigkeit der relativen Feuchte an der Oberfläche von der Oberflächentemperatur

Nach der vorausgehenden Herleitung ist dies das nach dem Stand der Erkenntnisse maßgebliche Kriterium, wenn Bauschäden durch Schimmelpilze vermeiden werden sollen.

Dieses Kriterium ist offensichtlich wesentlich strenger als die alte „Tauwasservermeidungsregel“. Die umfassende Analyse der Ursachen hat aber auch eine entlastende Erkenntnis zur Folge: Wird das Kriterium [schimmelfrei] an allen Bereichen der Oberflächen erfüllt, so gibt es auch nirgendwo ein Schimmelwachstum. Es gibt somit kein „Tauwasserverschiebungsgesetz“, wie manchmal von Laien und selbst einigen Fachleuten geglaubt wird – Motto: irgendwo muss das Wasser ja kondensieren, wenn nicht mehr an der Fensterscheibe, dann an den Wärmebrücken und so weiter an immer wärmeren Oberflächen. Diese Behauptung ist falsch; Oberhalb von Oberflächentemperaturen von ca. 12,6°C tritt bei wohnraumtypischen Verhältnissen keine für Schimmelpilz geeignete Feuchtigkeit mehr auf. Können alle Oberflächen generell wärmer gehalten werden, so bleiben sie auch generell trocken – es sei denn, es liegen ganz andere Feuchtequellen vor (Rohrbruch, Regenwasser,…).

Weitere Vorurteile

In diesem Zusammenhang findet man relativ häufig Aussagen, die mit einer seriösen Ursachenanalyse überhaupt nichts zu tun haben, wie z.B.: „Nachträgliche Wärmeschutzmaßnahmen sind Schuld an den Schäden“. Wenn dies in Publikumszeitschriften aus Unkenntnis oder von selbsternannten Experten (auch im Internet) mit durchsichtiger Interessenbindung geschieht, ist dies schon schädlich. Wenn aber sogar ausgewiesene Bauexperten wiederholt solche Vorurteile unterstützen, grenzt es an Verantwortungslosigkeit. In diesem Beitrag werden wir die Zusammenhänge wissenschaftlich streng aufarbeiten und zeigen, dass es keinesfalls eine kompetent geplante und angebrachte Wärmedämmung ist, die zu Schäden führt.

In eine ähnliche Kategorie fällt das weit verbreitete Vorurteil dass „dickere Dämmung zu immer problematischeren Wärmebrücken führt“. leider findet sich eine solche Auffassung sogar in manchem Fachbuch; in [Hauser 2001] heißt es z.B. „… das Wärmedämmverbundsystem … hebt in diesem Fall die innere Oberflächentemperatur auf ein Niveau, welches Schimmelwachstum ausschließt. Dies darf jedoch nicht verallgemeinert werden.“ Hier wird suggeriert, als ob normalerweise eher zunehmende Probleme durch die Anbringung der Dämmung zu erwarten wären. Unsere Analyse auf den folgenden Seiten wird klar zeigen, dass die zunächst am Beispiel gezeigten Zusammenhänge tatsächlich verallgemeinerungsfähig sind und eine genügend gute außenliegende Dämmung das Temperaturniveau regelmäßig weit genug anhebt.

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